TERRE DES FEMMES fordert zum Thema sexualisierte Gewalt:

Vertrauliche Spurensicherung

  • den Ausbau dezentraler rund um die Uhr Angebote für die vertrauliche Spurensicherung und medizinische Versorgung nach sexualisierter und körperlicher Gewalt. Nicht nur Kliniken, sondern auch niedergelassene ÄrztInnen sollten die vertrauliche Spurensicherung anbieten.
  • Informationen zur vertraulichen Spurensicherung flächendeckend und leicht zugänglich zu verbreiten und die Anlaufstellen für Betroffene zentral zu erfassen (bspw. über die Bundesärztekammer).
  • Angebote der medizinischen, rechtsmedizinischen und psychosozialen Versorgung müssen barrierefrei zur Verfügung stehen. Dazu zählen neben der Zugänglichkeit der Räume auch Informationen in leichter Sprache oder Gebärdensprache.
  • kostenfreie Notfallkontrazeptiva, Laboruntersuchungen, sowie HIV-Prophylaxen für alle Betroffenen von sexualisierter Gewalt.
  • eine umfassende medizinische Behandlung (rechtsmedizinisch, internistisch und psychologisch) in Krankenhäusern nach erlebter Gewalt.
  • keine Regressforderungen von Krankenkassen bei Fällen von sexualisierter Gewalt.
  • einheitliche Qualitätsstandards bei der Versorgung Betroffener von sexualisierter und körperlicher Gewalt.
  • verpflichtende Schulungen des medizinischen Personals, sowie des Pflege- und Servicepersonals, da diese Personen in der Regel im Erstkontakt mit den Betroffenen stehen.
  • kontinuierliche, datenschutzrechtlich gesicherte Erfassung von Daten zur Häufigkeit der medizinischen Versorgung und vertraulichen Spurensicherung nach Gewalt, die bundesweit aussagekräftig ist.
  • Aufbau flächendeckender Koordinierungsstellen, damit bestehende Angebote der medizinischen, rechtsmedizinischen und psychosozialen Versorgung gebündelt und Versorgungslücken identifiziert werden können.
  • Budget für Dolmetscherinnen, damit Klinikpersonal, niedergelassene ÄrztInnen, aber auch Fachberatungsstellen Betroffene von Gewalt umfassend über die medizinische Behandlung und die Möglichkeit der vertraulichen Spurensicherung informieren können.
  • Zugang zur vertraulichen Spurensicherung für alle betroffenen Frauen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, Alter oder Versichertenstatus. Auch Privatversicherte, Personen ohne Krankenversicherung und Jugendliche ohne Einwilligung der Sorgeberechtigten sowie Menschen mit Behinderungen unter gesetzlicher Betreuung müssen Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung in Anspruch nehmen können und bezahlt bekommen.
  • Nur „Ja heißt Ja“-Regelung im Sexualstrafrecht

Psychosoziale Prozessbegleitung und psychologische Betreuung

  • kostenlose, professionelle, ggf. interkulturelle, psychosoziale Prozessbegleitung für den gesamten Verlauf des Strafverfahrens für Betroffene von sexualisierter Gewalt.
  • Anwesenheit der ProzessbegleiterInnen muss immer möglich sein. §406g Abs.4 besagt, dass psychosozialen ProzessbegleiterInnen die Anwesenheit durch das Gericht untersagt werden kann, wenn es den Untersuchungszweck gefährden kann.
  • Erweiterung von Angeboten zur Ausbildung von Fachkräften zu psychosozialen ProzessbegleiterInnen.
  • flächendeckender Ausbau von Angeboten für Trauma- und Psychotherapie sowie die Errichtung von Traumazentren in denen betroffene Frauen psychologische und medizinische Hilfe erhalten können.
  • Umfassende Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen, beginnend bereits in der Grundschule, Aufklärung zu sexualisierter Gewalt und möglichen Folgen, Rollenstereotype Sexismus etc.

Aus- und Weiterbildung von PolizistInnen, StaatsanwältInnen und RichterInnen

  • verpflichtende Teilnahmen an Fortbildungen für Angehörige der Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft. Die Istanbul-Konvention sieht in Artikel 15 Abs. 1 ein Angebot an geeigneten Aus- und Fortbildungen für Angehörige der Berufsgruppen, die mit Betroffenen und Tätern von geschlechtsbezogener Gewalt zu tun haben, vor. Solche verpflichtenden Fortbildungen können z.B. im Deutschen Richtergesetz (DRiG) verankert werden.

Nebenklage

  • Wir fordern, dass die Nebenklage auf das Strafvollstreckungsverfahren erstreckt und den Betroffenen ein Anhörungsrecht und Akteneinsichtsrecht gewährt wird.[1]

U-Untersuchungen

  • Einführung bundesweiter verpflichtender ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und die Kostenübernahme dieser Untersuchungen durch die Krankenkassen. Darüber hinaus bedarf es einer bundesweiten einheitlichen Evaluierung sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung von Fort- und Weiterbildungen für Kinder- und JugendärztInnen im Umgang von Fällen von Vernachlässigung, häuslicher oder sexualisierter Gewalt bei Kindern und weiblicher Genitalverstümmelung. 

Nähere Informationen zu dem Kontext unserer Forderungen finden sie hier.

[1] In Strafvollstreckungsverfahren, in denen es um die vorzeitige Haftentlassung der Gewalttäter geht, sind die Betroffenen nicht mehr beteiligt. Sie haben keinen Anspruch in diesen Verfahren angehört zu werden und sie haben kein Akteneinsichtsrecht, um zu erfahren, ob ihnen von den Tätern nach wie vor Gefahr droht. Sie erhalten lediglich nach Abschluss des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft eine Mitteilung, wann der Täter entlassen wird.

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