TERRE DES FEMMES hat von Sommer 2017 bis Frühjahr 2019 kostenfreie Schulungen zum Thema „STOP harmful traditional practices“ angeboten, um insbesondere zu den Themen Früh- und Zwangsheirat und weibliche Genitalverstümmelung aufzuklären und zu sensibilisieren.
MitarbeiterInnen von Flüchtlingsunterkünften und soziokulturellen Stadtteil- und Familienzentren begegnen in ihrem Arbeitsumfeld potentiell und tatsächlich von traditionsbedingter Gewalt betroffenen Frauen. Es ist daher wichtig, dass ihnen die Thematik vertraut ist, um sensibel mit Betroffenen umgehen zu können und adäquate Hilfestellung zu leisten. Die im Rahmen des Projekts STOP harmful traditional practices – Patriarchale Gewalt verhindern organisierten Schulungen klärten insbesondere über die traditionsbedingten Gewaltformen Frühehen, Zwangsheirat und weibliche Genitalverstümmelung auf, sensibilisierten und zeigten Möglichkeiten der Intervention, Prävention und persönlichen Abgrenzung auf.
Zielgruppe:
Die Schulungen richteten sich an MitarbeiterInnen von Stadtteil- und Familienzentren und MitarbeiterInnen von Flüchtlingseinrichtungen, sowohl Fachkräfte als auch Ehrenamtliche in Berlin.
Inhalte und Dauer:
Die Schulungen gaben zunächst eine theoretische Einführung in die Thematik und vertieften die Gewaltformen Frühehen und Zwangsheirat sowie weibliche Genitalverstümmelung. Anschließend wurde der praktische Umgang mit Betroffenen thematisiert und Möglichkeiten der Intervention und Prävention anhand konkreter Fallbeispiele aufgezeigt. Ein Zusatzmodul beschäftigte sich mit den Möglichkeiten persönlicher Abgrenzung und des Selbstschutzes.
Ein kompletter Schulungstermin dauerte vier bis fünf Stunden.
Zum Hintergrund
Unter die englische Bezeichnung Harmful Traditional Practices, was sich auf Deutsch mit Traditionelle schädigende Praktiken übersetzen lässt, fallen Gewaltformen wie Zwangsheirat, Ehrverbrechen, weibliche Genitalverstümmelung (FGM), Brautraub, Polygamie, Jungfräulichkeitstests oder Säureangriffe. Ihnen gemein ist, dass sie auf kulturell und sozial verwurzelten Traditionen und Normen beruhen. Für die Betroffenen bedeuten diese Formen der geschlechterspezifischen Gewalt und Diskriminierung oft langfristige körperliche und seelische Folgen sowie die Verletzung ihrer Menschenrechte.
Auch in Berlin gibt es Mädchen und Frauen, die von verschiedenen Formen und Praktiken traditioneller Gewalt betroffen sind. Die verbreitetsten Formen sind mit Abstand Zwangsheirat, Frühehen und FGM, wobei die individuellen Kontexte, in denen traditionsbedingte Gewaltpraktiken angewendet werden, sehr unterschiedlich sein können. Vor allem da in den letzten Jahren viele Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten des globalen Südens Zuflucht in Deutschland suchten, hat die Thematik eine zusätzliche Brisanz erfahren. Viele geflüchtete Frauen haben in ihrem Herkunftsland zumindest eine der traditionsbedingten Gewaltformen erlitten. In Deutschland angekommen, kennen die gewaltbetroffenen geflüchteten Frauen zumeist nicht ihre Rechte, wie ihren Anspruch auf Beratung oder Möglichkeiten und Schutz vor erneuter Gewalt.
Das Projekt Stop Harmful Traditional Practices – Patriarchale Gewalt verhindern wird gefördert durch Aktion Mensch.