Manfred Paulus, Zuhälterei gestern und heute

Über Hurenwirte, Kiezkönige und die Sexsklaverei der Maffia

Pro Media, Wien 2022, 224 Seiten, 19,90 €2022 Paulus Zuhalterei 150 

Manfred Paulus, Erster Kriminalhauptkommissar a.D., Hochschullehrer und Träger des Bundesverdienstkreuzes, nutzt seinen Unruhestand sehr produktiv, indem er regelmäßig Bücher schreibt, die seinen Erfahrungsschatz systematisch erfassen und in attraktiver, gut lesbarer Aufbereitung erscheinen.

Nach Menschenhandel und Sexsklaverei 2020 hat er heuer ein Buch über Zuhälterei vorgelegt, mit dem es ihm gelungen ist, einen Stoff, der für übelste Alpträume geeignet ist, ansprechend und unterhaltsam zu präsentieren. Aus der historischen Perspektive wirken Themen wie die Loverboy Methode, deren Anfänge er in der Antike sieht, zunächst weniger bedrückend. Flott und anschaulich erzählt der Autor seine Geschichten und bringt das Thema dadurch auch Menschen näher, die noch nicht im Engagement sind, sondern eher durch intellektuelle Neugier zum Thema kommen. Anders als manch reines Sachbuch, eignet sich die spannende Lektüre daher durchaus auch als Geschenk zu besonderen Anlässen.

Wohl kein anderer Autor hätte die Entwicklung der Rotlicht Milieus in unseren Großstädten so kompetent beschreiben, die damit verbundenen Probleme so scharf analysieren und dabei doch immer auch mit einem Schuss Ironie würzen können: Berlin – arm ja, aber sexy?

Ganz in seinem Element ist Paulus in dem Kapitel, in dem er das Narrativ von der Freiwilligkeit nicht nur hinterfragt, sondern als PR-Konstrukt einer Bordellbetreiber-Lobby entlarvt. Freiwilliger Einstieg in die Organisierte Kriminalität? Und das als Opfer? Wie absurd! Paulus tut das, wovor die allermeisten Politiker Angst haben: Er benennt die Akteure beim Namen, gibt uns einen Überblick über alle relevanten Familienclans und Rockergruppen und erklärt uns, warum wir diese Gruppierungen weder ignorieren noch verharmlosen dürfen: Weil es nicht „nur“ den Rechtsstaat, sondern uns alle betrifft, unseren Alltag, unsere Beziehungen!

Die Heiterkeit, die sich bei der Lektüre der Erzählungen am Anfang des Buches noch einstellen mag, verabschiedet sich im Laufe des Buches bei den Themen Menschenhandel und Clan-Kriminalität sukzessive. Bitter erst wird es dann am Schluss, als Paulus die Gesetze der DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) Staaten vergleicht, die keineswegs geeignet sich, dem Elend und den massenhaften Menschrechtsverletzungen ein Ende zu setzen. Egal, ob das Buch ein Geburtstagsgeschenk war oder nicht, hier sind wir alle als Bürgerinnen und Bürger gefragt, dem ein Ende zu setzen und uns für eine Politik zu engagieren, die sich für die Menschrechte - auch für Frauen in der Prostitution - einsetzt

Manfred Paulus macht vor, wie es geht. Neben seiner Lehrtätigkeit an Hochschulen und anderen polizeilichen Ausbildungsstätten und seiner überaus produktiven Arbeit als Autor, engagiert er sich zusammen mit dem Ostalp-Bündnis für Präventionsarbeit in Osteuropa und für das Nordische Modell. Für sein Engagement wurde ihm am 15.04.2021 das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Für Manfred Paulus ist eines ganz klar: Nur durch Reformen nach dem Nordischen Modell kann es gelingen, die Lieferketten des Menschenhandels zu durchbrechen, den Standort Deutschland für die organisierte Kriminalität im Bereich Prostitution unattraktiv zu machen und den von Armutsprostitution und Menschenhandel betroffenen Frauen in der Prostitution ein Leben in Freiheit und Würde zu ermöglichen.