Gleichberechtigung und Integration

TERRE DES FEMMES hat die Petition „DEN KOPF FREI HABEN!“ abgegeben!

Am 11. Dezember 2020 hat TERRE DES FEMMES (TDF) nach mehr als zweijähriger Laufzeit die Petition „DEN KOPF FREI HABEN!“ an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) in Berlin überreicht. Insgesamt wurden über 38.800 Unterschriften gesammelt und an Staatssekretärin Frau Dr. Sudhof überreicht.  Aufgrund der Pandemie-Bestimmungen fand das Austauschgespräch zur Petition am 25. Februar 2021 digital mit dem BMJV statt. Staatssekretärin Frau Dr. Sudhof nahm gemeinsam mit Herrn Bindels, Leiter des Referats Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Völker- und Europarecht, an dem Termin teil. 

TERRE DES FEMMES hat beim Austauschgespräch wertvolle Hinweise erhalten, insbesondere bezüglich der Kompetenzverteilung sowie Vernetzungsmöglichkeiten. TDF hat aus diesem Gespräch neben neuen Ideen auch ein positives Gefühl geschöpft, da seitens des Bundesjustizministeriums mehrmals die Wichtigkeit der Arbeit an dem Thema „Kinderkopftuch“ betont wurde.

TERRE DES FEMMES freut sich über die Abgabe der Petition, welches viele persönliche Gespräche und Aufklärungsarbeit mit sich brachte. Die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für das sogenannte Kinderkopftuch benötigt eine ausführliche Aufbereitung. Die Debatte wurde ins Rollen gebracht und mit sachlichen Argumenten die Thematik aus einer frauenrechtlichen Perspektive beleuchtet. Gemeinsam mit über 100 weiteren Vereinen, Verbänden und Personen des öffentlichen Lebens, wie beispielsweise der Kurdischen Gemeinschaft in Deutschland e. V., des UN Women Nationales Komitee Deutschland e. V. sowie den Berufsverbänden der Kinder- und Jugendärzte und Frauenärzte, konnten viele positive Ergebnisse mit der Kampagne erzielt werden. An dieser Stelle möchte sich TDF bei allen UnterstützerInnen bedanken, welche dem Verein tatkräftig zur Seite standen und immer noch stehen. Gegenwind und Kritik waren kein Hindernis, das Thema sachlich voranzutreiben. Es überwiegt der Zuspruch von einer Vielzahl an Personen, die von dieser Thematik betroffen sind oder waren. 

Warum fordert TDF eine gesetzliche Regelung des „Kinderkopftuchs“ in Kitas, Kindergärten und Schulen?

Seit der Mitfrauenversammlung 2017 beschäftigt sich TERRE DES FEMMES auf Grundlage von Erfahrungsberichten zahlreicher LehrerInnen, PädagogInnen und ErzieherInnen mit dieser Thematik. Bei der Forderung geht es um den Schutz minderjähriger Mädchen vor patriarchaler Indoktrination. Das „Kinderkopftuch“ ist Symbol einer fundamentalistischen Religionsauslegung. Noch vor wenigen Jahrzehnten habe es an Berliner Schulen kaum ein Mädchen gegeben, das ein Kopftuch trug, berichtete eine ehemalige Erzieherin TDF. Heute ist die Situation ganz anders: In einer von TDF durchgeführten LehrerInnen-Umfrage gaben 78 Prozent der Befragten an, dass sie Mädchen mit Kopftuch unterrichten. 40 Prozent von ihnen hatten oftmals den Eindruck, dass die Schülerinnen das Kopftuch nicht freiwillig tragen.

Wäre ein solches Verbot verfassungsrechtlich möglich?

TDF hat den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Nettesheim beauftragt, ein Gutachten zur verfassungsrechtlichen Machbarkeit eines solchen Gesetzes zu erstellen. Er kommt darin zu dem Schluss, dass eine entsprechende Regelung verfassungsrechtlich machbar ist, wenn sie alle religiösen Symbole einschließt. Aufgrund der Religionsmündigkeit mit 14 Jahren ist zudem lediglich ein Gesetzesbeschluss bis zum 14. Lebensjahr begründbar. In seinem Gutachten betonte Prof. Dr. Nettesheim, dass der Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates auch beinhaltet, Kinder zu freiheitlich-demokratischen Werten und zu selbstständigem Denken zu erziehen. Dieses Ziel der Erziehung zur Freiheit rechtfertige hieraus erwachsende Einschränkungen anderer Rechte im öffentlichen Bildungsraum.

TDF schließt sich diesen Ausführungen ausdrücklich an und fordert, dass in öffentlichen Schulen als religiös- und weltanschaulich-neutrale Orte keine religiösen Symbole zur Schau gestellt werden. 

Wie geht es weiter?

Der lange Weg von einer Gesetzesinitiative bis hin zu geltendem Recht bedarf vieler abgestimmter Arbeitsschritte. Für die politische Lobbyarbeit ist es ernüchternd, dass aufgrund der Bundestagswahlen bis Herbst 2021 wenig Bewegung zu erwarten ist. Erst mit Bildung einer neuen Koalition und dem Start der neuen Legislaturperiode haben die Ministerien die Kapazitäten, sich mit der Forderung auseinanderzusetzen.  TERRE DES FEMMES wird sich verstärkt mit Aufklärungs- und Lobbyarbeit dafür einsetzen, dass minderjährige Mädchen kein Kopftuch tragen müssen und spätestens mit der neuen Legislaturperiode das Thema bei den zuständigen Ministerien verankern und den Mädchenschutz einfordern.

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