„Was verstehen wir unter dem Rechte der Frau? Nichts anderes als das Recht des Menschen überhaupt!“
- Anita Augspurg (1897)
Vor 100 Jahren erkämpften politische Wegbereiterinnen wie Anita Augspurg, Clara Zetkin, Marie Juchacz und Helene Lange das Wahlrecht für Frauen. Doch erst 30 Jahre später erfolgte die tatsächliche Gleichstellung der Frau in der Verfassung. 1949 setzten die vier Mütter des Grundgesetztes, Elisabeth Selbert, Helene Weber, Frieda Nadig und Helene Wessel Artikel 3 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz durch. Heute blicken wir auf 100 Jahre Frauenwahlrecht und 70 Jahre Grundgesetz mit Gleichheitsartikel zurück – Meilensteine der Frauenrechtsbewegung in Deutschland. Doch wie sieht die Realität aus? Gibt es Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft? Sind Frauen und Männer wirklich gleichstellt?
Die Antwort ist schlicht: Nein - #esistnichtallesrosarot.
Deshalb hat TERRE DES FEMMES 2017 die Mädchenschutzkampagne ins Leben gerufen, deren Ziele lauten: Schutz und Rechte von Mädchen stärken, Aufklärung über Risiken und Rechte, Empowerment und Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für die Situation von gewaltbetroffenen Mädchen schaffen. Im Rahmen unserer Mädchenschutzkampagne haben wir bei Mädchen direkt nachgefragt: Wie sehen sie unsere Gesellschaft in Bezug auf weibliche Rollenbilder, Frauenrechte und Gleichberechtigung?
Daraus entstand das Filmprojekt „Was Mädchen wollen – Mädchen sprechen über Quote, Ängste, Vorbilder und ihre Zukunft“ in Zusammenarbeit mit Clara Trischler. Der Film begleitet Schülerinnen in ihrem Alltag und hört ihnen zu. Es wird deutlich, dass die Mädchen der geschlechtsspezifischen Probleme unserer Gesellschaft bewusst sind. Sie erzählen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen, in denen sie Geschlechterungleichheit selbst erfahren und beobachtet haben. Mit aufgeklärtem Blick berichten sie von ihren Sorgen und stellen klare Forderungen. Es muss endlich ein Umdenken stattfinden!
„Ich habe große Sorge, irgendwann in einer Situation zu sein, wo ich merke ich habe zu viel Panik, um da raus zu kommen. Jetzt in Bezug auf häusliche Gewalt. Ich weiß wie hoch die Statistik ist. Ich denke, dass in Bezug auf Häusliche Gewalt eine Gesetzesänderung dringend nötig ist.“ (Lea Apollonia Behrend, 16 Jahre)
„Die Politik muss Familien mehr unterstützen, so dass ich keine Nachteile dadurch habe, dass ich eine Familie gründen möchte. Ich finde den Gedanken furchtbar, dass sich eine Frau entscheiden muss – möchte ich eine Familie, oder möchte ich gut Geld verdienen?“ (Delia Mengiste, 16 Jahre)
„Ich kann mich später nicht vor meine Kinder stellen und sagen: Sorry wir haben es versucht, aber uns wurde nicht zugehört.“ (Samira Endrejat, 16 Jahre)
Die Aussagen der Mädchen machen deutlich, dass wir immer noch weit entfernt sind von wahrer Gleichberechtigung. Denn trotz der Fortschritte in den letzten Jahren und Jahrzehnten, werden Mädchen und Frauen in vielen Lebensbereichen weiterhin diskriminiert und benachteiligt. Das beginnt bereits bei scheinbaren „Kleinigkeiten“, wie der Mehrwertbesteuerung von Hygieneartikeln für Frauen mit 19% statt 7%, wodurch diese den Status von „Luxusgütern“ erhalten. Doch leider hört es da nicht auf.
Noch immer werden Frauen in Deutschland auf dem geschlechtsspezifisch segregierten Arbeitsmarkt benachteiligt. Vereinbarkeitsbarrieren im Alltag und mangelnder Unterstützung für Familien, bringen verstärkt Frauen in die Lage, sich zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Das hat bereits Auswirkungen auf den Kinderwunsch von Jugendlichen. Nur 64 % möchten später einmal selbst Kinder haben. Frauen haben trotz besserer Schulabschlüsse geringere Chancen auf Führungspositionen und verdienen durchschnittlich 21 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Damit hat Deutschland eine der größten Verdienstlücken Europas. Gerade Frauen sind vom Armutsrisiko betroffen, insbesondere alleinerziehende Mütter und ältere Frauen. Auch in der Politik sind Frauen unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in den Parlamenten hat in den letzten Jahren sogar wieder abgenommen.
Es sind Frauen und Mädchen, die überproportional häufig Opfer von sexueller und häuslicher Gewalt werden. Laut einer Studie der Europäischen Agentur für Grundrechte gaben 35% Prozent der Mädchen unter 15 Jahren an, bereits physische, psychische oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben.
Studien zeigen, dass Kinder bereits früh Genderstereotype verinnerlichen. Mädchen sind verletzlich und schwach – Jungs stark und unabhängig. Es mangelt an weiblichen Vorbildern und Rollenbildern, die Mädchen zeigen, dass Frauen in unserer Gesellschaft, ebenso wie Männer, jede Rolle einnehmen, jeden Beruf ergreifen, jeden Weg gehen können, den sie möchten. Stattdessen gibt es Gendermarketing und sexistische Werbung, die bestehende Geschlechterklischées noch weiter vertiefen.
Bis heute haben Anita Augspurgs zeitlose Worte nichts von ihrer Aktualität und Dringlichkeit verloren. Frauenrechte sind Menschenrechte! Dafür kämpfen diese Mädchen und dafür kämpft TERRE DES FEMMES.
Film ab!
Der Film wurde gefördert von Aktion Mensch.
Stand: 07/2019