Die Post-2015 Agenda für nachhaltige Entwicklung: Die Chance nutzen und die Abschaffung von Frühehen als eigenständiges Ziel aufnehmen!

Sogenannte Früh- bzw. Kinderehen (early/child marriages) sind weltweit ein großes Problem. Mittlerweile gibt es internationale Bestrebungen, diese Menschenrechtsverletzung wirksam zu bekämpfen: Durch Aufnahme als eigenständiges Ziel in der sogenannten Post-2015 Agenda.

Weltweit wird Mädchen und Frauen mit dem Verweis auf die vermeintliche (Familien-) Ehre ein freies und selbstbestimmtes Leben verweigert. Sie werden kontrolliert, unterdrückt und auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter reduziert. Auf keinen Fall dürfen sie vor- oder außereheliche Sexualbeziehungen haben, sonst verletzen sie das Ansehen der Familie. Um die Jungfräulichkeit ihrer Töchter sicherzustellen, verheiraten Familien diese oft in sehr jungen Jahren.

Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 (Post-2015 Agenda)

Die Post-2015 Agenda ist das Nachfolgeprojekt der Millennium-Entwicklungsziele (MDGs), die 2001 definiert wurden und bis zum Jahr 2015 erreicht werden sollen. Neben der Bekämpfung von Armut und HIV/Aids, der Senkung der Kindersterblichkeit und Primarschulbildung für alle ist auch die Gleichstellung der Geschlechter/Stärkung der Rolle der Frauen als ein Ziel genannt. Allerdings wurde die Abschaffung von Früh- und Kinderehen nicht explizit erwähnt.

Im September 2015 soll nun eine Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 (Post-2015 Agenda) verabschiedet werden. Dazu wurde ein Prozess angestoßen, dessen erstes Zwischenergebnis im Mai 2013 die Übergabe von Empfehlungen eines hochrangigen Beratergremiums an den UN-Generalsekretär war (Englische Fassung). Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler war Mitglied dieses Beratergremiums. Unter dem übergeordneten Ziel „Mädchen und Frauen befähigen und die Gleichstellung der Geschlechter erreichen“ wurde als ein Teilziel die Beendigung von Kinderheirat (child marriage) definiert.

Auf Regierungsebene wurde im März 2013 die Offene Arbeitsgruppe für Nachhaltige Entwicklungsziele eingerichtet (OWG – Open Working Group), die auf insgesamt 12 Sitzungen bis Juli 2014 einen Vorschlag für globale Ziele für nachhaltige Entwicklung erarbeiten soll. Aus all diesen Eingaben wird der UN-Generalsekretär bis Ende 2014 einen zusammenfassenden Bericht erstellen, der die Grundlage für die abschließenden Beratungen im Jahr 2015 sein wird.

Nach großem gemeinsamen Einsatz von 146 Organisationen aus mehr als 44 Ländern (darunter TERRE DES FEMMES), die im globalen Netzwerk Girls Not Brides zusammengeschlossen sind und die einen offenen Brief  (PDF-Datei) an die beiden Vorsitzenden der Offenen Arbeitsgruppe geschrieben haben, gibt es nun auch im Abschlussdokument (PDF-Datei) dieses Gremiums das eigenständiges Ziel „eliminate all harmful practices, such as child, early and forced marriage and female genital mutilations“ (alle schädlichen Bräuche beseitigen, wie zum Beispiel Kinder-, Früh- und Zwangsehen und weibliche Genitalverstümmelung). Wir sind sehr froh, dass wir dieses wichtige (Teil-) Ziel erreicht haben!

Früh- bzw. Kinderehen sind eine Form der Zwangsverheiratung

Kinder und Jugendliche sind noch nicht in der Lage, die Konsequenzen einer Entscheidung wie einer Ehe voll abzusehen. Daher empfehlen sowohl das UN-Kinderrechts- als auch das UN-Frauenrechtskomitee sowie Organisationen wie UNICEF, Human Rights Watch und auch TERRE DES FEMMES ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren ohne Ausnahme. Denn die Folgen einer frühen Verheiratung sind verheerend: Nicht nur wird den Mädchen ihre Kindheit geraubt, sie gebären in der Regel auch früher, was hohe Gesundheitsrisiken birgt. Schwangerschaft ist für 15 - 19-jährige Mädchen weltweit Todesursache Nummer eins. Sie sind häufiger von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt bedroht und haben oftmals keine Chance auf einen (höheren) Bildungsabschluss, der ihnen ökonomische Sicherheit garantieren könnte.