Jedes Jahr nach den Sommerferien bleiben in einigen Klassenzimmern Stühle leer, weil eine nicht unerhebliche Zahl von Mädchen während des Urlaubs im Heimatland ihrer Eltern zwangsverheiratet werden.
Viele dieser so genannten "Ferienverheiratungen" hätten verhindert werden können: Häufig ahnen die Mädchen, dass sie zwangsverheiratet werden sollen und wenden sich vorher zum Beispiel an das Jugendamt. Die MitarbeiterInnen von Behörden wissen allerdings oft nicht, wie sie schnell und effizient helfen können, da solch ein Fall nicht dem alltäglichen Erfahrungsschatz entspricht. Manchmal wird die Gefahr auch nicht ernst genug genommen - mit fatalen Folgen für die jungen Frauen.
Daher organisiert TERRE DES FEMMES im Rahmen eines einjährigen Pilotprojekts zehn Workshops, um MitarbeiterInnen von Behörden zu schulen. Das Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Integrationsfonds gefördert und vom Sozial- und Justizministerium Baden-Württemberg unterstützt.
"Diese Workshops sind überfällig", betont Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES. "Seit Jahren erleben wir fast täglich, dass bedrohten Mädchen nicht adäquat geholfen wird, weil die nötige Sensibilisierung und das Fachwissen fehlen."
Die ersten sieben Workshops (Tübingen, Stuttgart, Heilbronn, Mannheim, Konstanz, Villingen-Schwenningen und Freiburg) haben bereits zwischen September und Dezember 2010 mit großem Erfolg stattgefunden.
Die TeilnehmerInnen aus den unterschiedlichsten Behörden (Jugendamt, Ausländerbehörde, Polizei, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Einwohnermeldeamt, Standesamt etc.) waren sehr daran interessiert, mehr über die Hintergründe der Gewalt zu erfahren, die junge Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in ihren Familien erleiden müssen. Zudem waren sie froh, konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand zu bekommen. In Gruppenarbeiten waren sie gefordert, anhand eines Fallbeispiels gemeinsam zu überlegen, wie sie Betroffenen im Einzelfall helfen können und welche unterschiedlichsten Behörden dabei involviert sind.
Die beiden TERRE DES FEMMES - Referentinnen Fatma Sonja Bläser und Collin Schubert führten die Workshop jeweils mit Vertreterinnen von lokalen Frauenberatungsstellen vor Ort durch. Die TeilnehmerInnen der Workshops zeigten großes Interesse, Zuständigkeiten bei der Bearbeitung eines Einzelfalls untereinander zu klären und ein Netzwerk zu schaffen, welches über den Workshop hinaus bestehen bleibt.
"Wir freuen uns sehr über das positive Feedback, das wir zu den Veranstaltungen bekommen haben, und sind schon sehr gespannt auf die kommenden Workshops in Karlsruhe, Ulm und Sigmaringen!", so Monika Michell, Projektkoordinatorin.
Impressionen:
Tübingen:
Stuttgart: