Ereignisse aus dem Jahr 2018

Projekt „STOP harmful traditional practices – Patriarchale Gewalt verhindern“

Teilnehmerinnen einer STOP-Schulung kommen zu einem Gruppenbild zusammen. Rechts: TDF-Fachreferentin Myria Böhmecke. Foto: © TERRE DES FEMMESTeilnehmerinnen einer STOP-Schulung kommen zu einem Gruppenbild zusammen. Rechts: TDF-Fachreferentin Myria Böhmecke. Foto: © TERRE DES FEMMESDas von Aktion Mensch geförderte Projekt „STOP harmful traditional practices“ ging im Juni 2018 in das dritte und letzte Jahr. In weiteren sechs Schulungen klärte TDF-Referentin Myria Böhmecke über die Hintergründe und Folgen von schädigenden Praktiken, insbesondere von weiblicher Genitalverstümmelung, Zwangs- und Frühverheiratung auf und informierte die TeilnehmerInnen über die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland. Die Schulungen richteten sich an MitarbeiterInnen von Stadtteil- und Familienzentren sowie Beratungsstellen in Berlin. Die TDF-Fachberatungsstelle war zudem Anlaufstelle für insgesamt 336 Fallanfragen zu Gewalt im Namen der Ehre und 112 Anfragen zu weiblicher Genitalverstümmelung, wodurch sich das Projekt auch direkt an Betroffene richtete.

Die bereits 2017 erstellte Informationsbroschüre „STOP harmful traditional practices“ wurde auch 2018 stark nachgefragt und kann weiterhin kostenlos bei TERRE DES FEMMES bestellt werden.

Projekt „Gender ABC“

Kick-off Meeting des Projekts Gender ABC in Lissabon. Foto: © APFKick-off Meeting des Projekts Gender ABC in Lissabon. Foto: © APFIm September 2018 startete das neue EU-Projekt „Gender ABC“, an dem TDF mit vier Partnerländern arbeitet. Es handelt sich um ein übergreifendes Bildungsprojekt für Schulen zu den Themen Gleichberechtigung, Kinderrechte, geschlechtsspezifische Gewalt und schädigende Praktiken. Ziel ist es, SchülerInnen zu diesen Themen zu sensibilisieren, aufzuklären und ein Umdenken anzuregen. Auch stereotype Rollenbilder und Vorurteile werden in den Fokus genommen und in den Kontext von sozialen, religiösen und kulturellen Normen gesetzt. Es handelt sich dabei um eine Kooperation zwischen TERRE DES FEMMES, End FGM European Network (Belgien), Associazione Italiana Donne per lo Sviluppo (Italien), APF (Portugal) und Médicos del Mundo (Spanien). Vom 3. bis 5. Oktober 2018 fand der erste Workshop aller Projektpartnerinnen zur Auftaktplanung in Lissabon statt, an dem die TDF-Referentinnen Carolin Pranz und Myria Böhmecke teilnahmen.

Schultheaterprojekt in Hessen

Theaterszene aus „Mein Leben. Meine Liebe. Meine Ehre?“ Foto: © TERRE DES FEMMESTheaterszene aus „Mein Leben. Meine Liebe. Meine Ehre?“ Foto: © TERRE DES FEMMESEine zweite Staffel des interaktiven Schultheaterstücks „Mein Leben. Meine Liebe. Meine Ehre?“ (MLMLME) wurde von September bis Dezember 2018 an insgesamt acht Schulen in Hessen aufgeführt. Rund 480 SchülerInnen mit 54 unterschiedlichen Nationalitäten sahen das Stück und nahmen an den anschließenden Vertiefungsworkshops teil. TDF-Projektkoordinatorin Sandra Stopper führte während der SchülerInnenworkshops Informationsgespräche mit Lehrkräften und SchulsozialarbeiterInnen. Die Aufführungen wurden von TDF erneut in Kooperation mit der mobilen Theaterbühne „Mensch: Theater!“ und der Darmstädter Beratungsstelle Mäander e.V realisiert. Finanziert wurde das Projekt durch das Hessische Kultusministerium und unterstützt vom Hessischen Netzwerk gegen Gewalt.

Gedenkveranstaltungen für Hatun Sürücü und Morsal Obeidi

TDF-Referentin Monika Michell stellt die „Ehren“-Mordopfer des Jahres 2017 vor. Foto: © TERRE DES FEMMESTDF-Referentin Monika Michell stellt die „Ehren“-Mordopfer des Jahres 2017 vor. Foto: © TERRE DES FEMMESAm 7. Februar 2018 jährte sich der Todestag von Hatun Sürücü zum 13. Mal. In Gedenken an die junge Frau, die von ihrem eigenen Bruder ermordet worden war, fand an ihrem Gedenkstein am Tatort in der Oberlandstraße eine Kranzniederlegung statt. Um die 40 Personen – VertreterInnen aus Politik, Verwaltung, Projekten und NGOs sowie interessierte BürgerInnen – nahmen daran teil. Neben der Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (Tempelhof-Schöneberg) sprachen auch die Koordinatorin des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung, Petra Koch-Knöbel, TERRE DES FEMMES-Referentin Monika Michell und ein Hero aus dem Projekt Heroes – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre.

TERRE DES FEMMES-Referentin Monika Michell erinnerte daran, dass auch 13 Jahre nach Hatun Sürücüs Tod Frauen und Männer im Namen der Ehre ermordet werden, indem sie die „Ehren“-Mordopfer des Jahres 2017 kurz vorstellte. Insgesamt zählte die Frauenrechtsorganisation 13 „Ehren“-Morde, darunter sechs „Ehren“-Mordversuche.

Am Nachmittag fand zudem eine Gedenkveranstaltung des Bezirksamts Neukölln statt, bei der zum zweiten Mal die Fahne „Selbstbestimmt leben - gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ von der Gleichstellungsbeauftragten Sylvia Edler und dem stellvertretenden Bezirksbürgermeister Falko Liecke gehisst wurde. TERRE DES FEMMES war mit einem Infotisch vor Ort.

TDF-Städtegruppe Hamburg gedenkt Morsal Obeidi an ihrem 10. Todestag am 15.05.18. Foto © Antje LangethalTDF-Städtegruppe Hamburg gedenkt Morsal Obeidi an ihrem 10. Todestag am 15.05.18. Foto © Antje LangethalAnlässlich des zehnten Todestages von Morsal Obeidi erinnerten die Frauen der TERRE DES FEMMES-Städtegruppe Hamburg an ihr Schicksal. Zwischen 16 und 18 Uhr hielten sie am Ort des Geschehens, dem Übergang der S- und U-Bahnhaltestelle Berliner Tor, eine Mahnwache. Die Frauen nutzen die zwei Stunden nicht nur, um Morsal zu gedenken, sondern auch, um die Öffentlichkeit für das Thema „Ehren“-Mord zu sensibilisieren. PressevertreterInnen von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern waren ebenfalls anwesend.

Neue Webseite stopchildmarriage.de mit Informationen über das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

Neue Webseite mit Informationen über das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen. © TERRE DES FEMMES/prussianorangeNeue Webseite mit Informationen über das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen.Grafik: © TERRE DES FEMMES/prussianorangeEine von TDF erhobene Umfrage bei den einzelnen Bundesländern zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen ergab, dass bundesweit mindestens 295 Fälle von Frühehen gemeldet, mindestens 56 Anträge auf Eheaufhebung bei Gericht gestellt und bisher acht Urteile gefällt wurden. In drei von acht Urteilen wurde die Ehe aufgehoben, in fünf Urteilen wurde sie bestätigt. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen widmete sich TDF ab August 2018 einem Projekt zum Empowerment von Mädchen, das mit finanzieller Unterstützung der Werner-Coenen-Stiftung und der Stiftung Bündnis für Kinder durchgeführt wurde. Die Webseite „stopchildmarriage.de“ mit dazugehörigen Postkarten und Aufklebern ist speziell für junge Mädchen und Frauen konzipiert, die von früher Verheiratung bedroht oder betroffen sind, da es bislang zwar eine Informationsschrift für Fachkräfte, aber noch keine für die Zielgruppe gab. In verschieden Sprachen wird über die Gesetzeslage in Deutschland und Unterstützungsmöglichkeiten informiert. So sollen Betroffene alle wichtigen Informationen an die Hand bekommen, um selbst aktiv Entscheidungen über ihr Leben zu treffen. Mit Hilfe der Postkarten und Aufklebern, konnte die Webseite bekannt gemacht werden.

Steigende Zahlen durch Aufklärung

Die Zahlen der bekannt gewordenen Fälle von Gewalt im Namen der Ehre steigen kontinuierlich an – möglicherweise als Folge von Aufklärungsarbeit über Hilfsangebote und Gesetzesänderungen. Zwangs- und Frühverheiratungen sind eine extreme Form von GNE, gegen die sich TDF seit vielen Jahren einsetzt. Ein großer Erfolg war die Verabschiedung des „Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen“ im Juli 2017. Das Gesetz hilft Minderjährigen, sich gegen frühe Verheiratungen, aber auch drohende Zwangsverheiratung zu wehren. Die Gefahr bleibt dennoch unverändert hoch, wie eine Umfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung ermittelte. So lag die Zahl versuchter oder erfolgter Zwangsverheiratung in Berlin im Jahr 2017 mit insgesamt 570 Fällen um 19 Prozent höher als noch bei der letzten Umfrage 2013 mit 460 Fällen. Wie viele Frauen und Männer tatsächlich von Zwangsverheiratung betroffen waren, ist nicht bekannt, die Dunkelziffer dürfte jedoch sehr viel höher sein.