Foto: Erman AksoyDas dritte STARK!-Austauschtreffen fand am 17. März 2021, unter Einhaltung der AHA-Regeln, statt und wurde von dem Projektteam für die Väter und Töchter zum Thema Rollen- und Berufsbilder ausgerichtet. Im Mittelpunkt standen Geschlechterstereotype, insbesondere in Bezug auf Berufe. Ziel war es, eine kritische Diskussion anzuregen, wie bzw. warum Berufe teilweise einem Geschlecht zugeschrieben werden.
Zunächst hatten die Mädchen die Aufgabe, gemeinsam mit ihren Vätern den Beruf eines weiblichen und eines männlichen Familienmitglieds zu malen und anschließend vorzustellen, womit eine aus der Lebenswelt der Mädchen gegriffene Verbindung von Beruf und Geschlecht thematisiert und die Auseinandersetzung damit angestoßen wurde.
„Nicht bereit für eine weibliche Nationaltrainerin“
Die Väter diskutierten darüber, warum es noch nie eine weibliche Fußballtrainerin für die deutsche Nationalmannschaft gegeben hat, während männliche Trainer im Frauenfußball gang und gäbe seien. Ein Vater berichtete, dass in seinem Heimatland Uganda die erste weibliche Busfahrerin sehr viel mediale Aufmerksamkeit im ganzen Land erhielt. Daraufhin unterhielten sich die Männer darüber, dass strikte Geschlechtervorstellungen in anderen Ländern teilweise noch stärker als in Deutschland präsent sind. Einer der Väter merkte an, dass auch hierzulande die Gesellschaft noch nicht bereit für eine weibliche Nationaltrainerin sei. Die Väter sprachen über Männer- und Frauendomänen in der Berufswelt, beispielsweise dass sie noch nie einer männlichen Hebamme begegnet sind, und mutmaßten, dass unter anderem Sicherheitsaspekte Frauen davon abhalten könnten, in einem Späti-Kiosk zu arbeiten. Auch der Einfluss des sozialen Umfelds, also die Erziehung durch die Eltern, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, wurde thematisiert und wie anerzogene Rollenbilder Mädchen und junge Frauen in ihrer freien Persönlichkeitsentfaltung beschränken und ihre Berufswahl beeinflussen.
Wie die Corona-Pandemie gezeigt und noch verstärkt hat, sind Frauen häufiger in der schlecht oder gar nicht bezahlten Care-Arbeit, zum Beispiel als Krankenschwestern und Altenpflegerinnen, tätig und übernehmen trotz eigener Berufstätigkeit zu Hause öfter die Betreuung und das Home-Schooling der Kinder oder die Pflege älterer Angehöriger.
Was bedeutet Stärke?
Währenddessen schien den Mädchen die Zuschreibung von Berufen zu einem Geschlecht erfreulicherweise völlig fremd zu sein. Bei einer weiteren Übung zu Rollenbildern, bei der Sätze vervollständigt werden sollten, sagte ein Mädchen: „Ich bin gerne ein Mädchen, weil es schön ist und Spaß macht, ein Mädchen zu sein.“ Der Satz „Manchmal wäre ich gerne ein Junge, weil...“ wurde mit „...weil ich dann stark wäre“ und „...weil ich mich dann schneller trauen würde, irgendwohin zu gehen“ beantwortet.
Es ist begrüßenswert, dass die Mädchen unbeschwerter und befreiter von starren Rollenbildern aufwachsen. Gleichzeitig ist deutlich geworden, dass die Mädchen dennoch einige Rollenklischees gelernt haben, wie das vom mutigen bzw. starken Jungen. Deswegen wurde im Anschluss an die Übung über verschiedene Dimensionen von Stärke gesprochen und Projektreferentin Ciler Kilic wies auf Studien hin, die belegen, dass Frauen in der Lage sind, weitaus mehr Schmerz auszuhalten als Männer, nämlich bei der Geburt. Stärke muss nicht immer Muskelkraft bedeuten, sondern beinhaltet auch mentale Stärke, die nicht nur bei der Geburt eines Kindes von enormer Bedeutung ist, sondern zum Beispiel auch bei Kampfsport, der sich unter Mädchen und Frauen einer wachsenden Beliebtheit erfreut.
Es bleibt noch viel zu tun, damit ein gesamtgesellschaftlicher Wandel weg von starren und beschränkenden Rollenbildern, sowohl für Mädchen und Frauen als auch für Jungen und Männer, hin zu mehr Gleichstellung der Geschlechter und Parität in der beruflichen Teilhabe stattfinden kann.
Beim Kennenlernspiel waren alle in Bewegung
Foto: Erman Aksoy