Feindbild Feminismus und seine Gefahren

Antifeministische Bewegungen werden Frauen nicht aufhalten! Foto: © Miguel Bruna auf unsplash.comAntifeministische Bewegungen werden Frauen nicht aufhalten!
Foto: © Miguel Bruna auf unsplash.com
Mit dem Aufschwung rechtspopulistischer Parteien erfährt geschlechterspezifische Diskriminierung einen neuen Aufwind. Während die Europäische Union einige Jahrzehnte kontinuierlich an ihren Geschlechter- und Gleichstellungspolitiken gearbeitet hat, und mit ihrer Gender-Mainstreaming Strategie und ihren Anti-Diskriminierungsrichtlinien mitunter als Vorreiterin in diesen Bereichen galt, hat sich in den letzten Jahren in ganz Europa eine Gegenbewegung formiert. Radikal rechte Parteien und Bewegungen konnten sich jüngst in zahlreichen europäischen Ländern profilieren. Europaweit versuchen rechtspopulistische Bewegungen, gegen Gender-Politiken und sexuelle Selbstbestimmung zu mobilisieren. Bereits hart erkämpfte Rechte, wie sexuelle Selbstbestimmung, werden in Frage gestellt oder beschnitten.
 

Politische Einstellung und Antifeminismus

Etliche Studien weisen einen Zusammenhang zwischen dem globalen Aufstieg rechtspopulistischer Kräfte und der Zunahme von Anfeindungen gegen Gleichstellungspolitik und Feminismus nach. Bis heute sind zentrale Bestandteile des völkischen und nationalistischen Denkens die Verteidigung traditioneller und hierarchischer Familienmodelle, Misogynie (Frauenhass) und die Ablehnung von Homosexualität. Ebenfalls einhergehend damit sind hierarchische, veraltete Geschlechternormen, denen zufolge Männer den Frauen als überlegen angesehen werden. Feministische oder queere Perspektiven, die egalitäre und vielfältigere Lebensmodelle anstreben, werden zunehmend angefeindet und abgelehnt.

Theorien und Untersuchungen, die geschlechtsbasierte Machtstrukturen wissenschaftlich analysieren und kritisieren (wie etwa das Studienfach „Gender Studies“), werden bekämpft.

Zugang zur gesellschaftlichen Mitte

Antifeminismus und Anti-Gender-Diskurse finden leider nicht nur in rechten Milieus Zuspruch sondern mittlerweile in fast allen gesellschaftlichen und politischen Milieus. Für sehr unterschiedliche Lager bilden sie einen gemeinsamen Nenner, denn so divers die inhaltlichen Positionen auch sein mögen, beim Feindbild Feminismus herrscht offenbar Einigkeit. Diese Einigkeit ist sehr gefährlich, denn sie schafft einen Zugang zur gesellschaftlichen Mitte herstellt. Ablehnung von Feminismus oder Gender scheint auf den ersten Blick nicht eindeutig politisch rechts, im Gegensatz zu Fremdenfeindlichkeit. Damit könnten rechte Weltanschauungen zunehmend gesellschaftsfähig werden. Besonders heikel: mittels Antifeminismus oder Anti-Gender werden die Grundlagen der Demokratie in Frage gestellt. Es geht den AkteurInnen dabei meist nicht um berechtigte Kritik (z.B. an einzelnen politischen Konzepten zur Umsetzung von mehr Gleichberechtigung), sondern vielmehr um die Erschaffung und Aufrechterhaltung eines Feindbildes. Begriffe wie „Genderlobby“ oder „Staatsfeminismus“ werden etwa als totalitäres Staatsdoktrin dargestellt.

„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“

Auch im Zuge von Anti-PC Kampagnen (Political Correctness) werden Feminismus und Gender-Konzepte immer wieder als übertriebene Emanzipation oder unnötige und übertriebene Gleichstellungspolitik verpönt. „Politische Korrektheit“ wird in der rechten Szene häufig umgedeutet zu Zensur oder auch Einschränkung der Redefreiheit. Rechtsextreme wie Klaus Groth behaupten: „Die Diktatur hat einen neuen Namen: Political Correctness. (...). Die Minderheit der Political Correctness terrorisiert mit ihrem Tugendkanon und erstickt die Meinungsfreiheit.“ Solche Narrative werden  erfolgreich strategisch genutzt, um Antidiskriminierung infrage zu stellen und Hass mit Meinungsfreiheit gleichzusetzen. Gender und Feminismus gelten dieser „Logik“ zufolge als der Inbegriff von Denk- oder Meinungsverboten.

Weg zu Chancengleichheit und Gleichstellung

GegnerInnen von Gender-Konzepten und Feminismus behaupten gerne, Frauen seien Männern heute gleichgestellt und weitere Maßnahmen deshalb unnötig. Der noch fortbestehende Mangel an Gleichstellung wird meist auf die Natur zurückgeführt bzw. auf „unveränderbare“ Geschlechterdifferenzen. Diese Argumentation richtet sich klar gegen das Grundgesetz, denn dort ist der Auftrag verankert, Gleichstellung nicht nur formal, sondern auch faktisch umzusetzen. Eine optimale Gesetzeslage reicht oft nicht aus, da die Gesetze auch konsequent umgesetzt werden müssen. Zudem werden Diskriminierung und Ungleichheit nicht nur über gesetzliche Ordnungen reproduziert , sondern auch über symbolische, wie etwa über die Kultur. Menschen können sich kulturellen Prägungen nicht entziehen und so sind auf dem Weg zu Chancengleichheit und Gleichstellung weitere gesellschaftliche Rahmenbedingungen notwendig. Eine Politik, die auf die tatsächliche Umsetzung von Gleichstellung ausgerichtet ist, darf keinesfalls als übertrieben oder totalitär verunglimpft werden. Pauschalisierende und antifeministische Feindbilder gilt es immer wieder aufzuzeigen. Falschinformationen, die hinsichtlich der Überwindung von traditionellen Geschlechter- und Familienbildern in die Welt gesetzt werden (z.B. Sexualisierung von Kleinkindern, Destabilisierung der öffentlichen Ordnung etc.) gilt es zu verhindern oder aufzuklären.

Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Eines steht aber fest: TERRE DES FEMMES wird sich weiter unbeirrt für eine Welt einsetzen, in der Mädchen und Frauen gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei leben können.

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Quellen:

Angriff auf die Demokratie – Anti-Gender Bewegungen | Gunda-Werner-Institut | Heinrich Böll Stiftung

Antifeminismus macht rechte Positionen gesellschaftsfähig | Gunda-Werner-Institut | Heinrich Böll Stiftung

Rechtspopulismus im europäischen Vergleich | Bundeszentrale für politische Bildung

 

Stand: 01/2021