Ereignisse aus dem Jahr 2016

Im Gedenken an Hatun Sürücü legt TERRE DES FEMMES Rosen am Gedenkstein nieder. Foto: © TERRE DES FEMMESAm 07.02.2005 wurde Hatun Sürücü mit 23 Jahren von ihrem jüngeren Bruder auf offener Straße in Berlin-Tempelhof erschossen. Am 7. Februar 2016 fand eine Gedenkveranstaltung zu dem „Ehren“-Mord am Tatort statt. Mit ihren Redebeiträgen erinnerten Berliner Politikerinnen sowie ein Vertreter der HEROES an Hatun Sürücü. Vertreterinnen von TDF und Vorstandsfrau Necla Kelek präsentierten die Namen anderer „Ehren“-Mordopfer und machten deutlich, dass Hatun Sürücü kein Einzelfall ist. Allein im Jahr 2016 zählte TDF acht polizeilich erfasste „Ehren“- Morde und sechs „Ehren“-Mordversuche.

Theaterflyer 2016Das Theaterprojekt „Mein Leben. Meine Liebe. Meine Ehre?“, das ab Oktober 2015 in Baden-Württemberg durch insgesamt 12 Schulen tourte und mit SchülerInnen Fragen zu Selbstbestimmtheit und Zwangsheirat diskutierte, wurde im Februar 2016 abgeschlossen. Im März 2016 stellte TDF die Evaluationsergebnisse in Stuttgart im Landesforum gegen Zwangsverheiratung vor. Das Projekt, das vom damaligen Integrationsministerium finanziert wurde, war eine Kooperation von TDF, der Beratungsstelle Yasemin in Stuttgart und der mobilen Theaterbühne „Mensch: Theater!“. Es wurde mit einem neu konzipierten Stück im Herbst 2016 fortgesetzt. Das Stück „Mein Weg. Mein Glück. Mein Ziel!“ fokussiert besonders auf Gewalt, die geflüchtete Mädchen und Frauen erfahren.

Im Februar 2016 erschien eine vom Europäischen Parlament veranlasste Studie zur Praxis von Zwangsheiraten in Europa. Für die vergleichende Studie "Forced marriage from a gender perspective" erstellte TDF-Referentin Monika Michell das Länderprofil zur Situation in Deutschland. Die Studie sieht – wie auch TDF - eine Verbindung von Früh- und Zwangsehen, da die Fähigkeit zur Einwilligung erst bei einer gewissen Reife vorhanden ist. Neben zivilrechtlichen Ehen, werden in der Studie auch informelle, religiöse und rituelle Verbindungen, die unter Zwang entstehen, als Zwangsehen aufgefasst. Der im Jahre 2011 in Deutschland eingeführte Straftatbestand § 237 Zwangsheirat schließt hingegen religiöse und soziale Zwangsverheiratungen bislang nicht mit ein.

Am Internationalen Mädchentag, am 11. Oktober 2015 startete TERRE DES FEMES eine Unterschriftenaktion „Frühehen stoppen – Bildung statt Heirat!“ und sammelte bis zum 2. Mai 2016 durch verschiedene Aktionen, mit Mailings und in sozialen Medien Unterschriften, um der Forderung nach Festsetzung des Mindestheiratsalters in Deutschland Nachdruck zu verleihen. Die Unterzeichnenden sprachen sich dafür aus, dass beide zukünftige Ehepartner bei ihrer Hochzeit das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen. Im Rahmen eines Fachgespräches konnte TERRE DES FEMMES am 9. Mai 2016 dem Bundesjustizministerium insgesamt 108.811 gesammelte Unterschriften übergeben. Die Rechtsanwältin Marina Walz-Hildenbrand schilderte, warum TDF eine rechtliche Nachbesserung der Gesetze für notwendig erachtet, die beiden TERRE DES FEMMES-Referentinnen Myria Böhmecke und Monika Michell sowie Fachbereichsleiterin Maja Wegener berichteten  von notwendigen Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen, die Gesetzesänderungen flankieren müssen.

Im September 2016 wurde daraufhin vom Justizministerium eine Bund-Länder-AG zum Thema Frühehen ins Leben gerufen, die konkrete Vorschläge zu einer Gesetzesänderung erarbeitet, die 2017 erwartet wird.

 

v.l.n.r.: Myria Böhmecke, Monika Michell (Referentinnen zu Gewalt im Namen der Ehre bei TERRE DES FEMMES), Marina Walz-Hildenbrand (Rechtsanwältin), MDn Kienemund (Abteilungsleiterin "Bürgerliches Recht"), Maja Wegener (Fachbereichsleiterin TERRE DES FEMMES), Dr. Wichard (Unterabteilungsleiter "Familienrecht"), Dr. Meyer (Referatsleiter "Familienrecht, Erbrecht"), Dr. Vollmer (Referentin von Dr. Meyer). Foto: © TERRE DES FEMMESv.l.n.r.: Myria Böhmecke, Monika Michell (Referentinnen zu Gewalt im Namen der Ehre bei TERRE DES FEMMES), Marina Walz-Hildenbrand (Rechtsanwältin), MDn Kienemund (Abteilungsleiterin "Bürgerliches Recht"), Maja Wegener (Fachbereichsleiterin TERRE DES FEMMES), Dr. Wichard (Unterabteilungsleiter "Familienrecht"), Dr. Meyer (Referatsleiter "Familienrecht, Erbrecht"), Dr. Vollmer (Referentin von Dr. Meyer). Foto: © TERRE DES FEMMES

Am 23. Juni 2016 trafen sich die TDF-Referentinnen Myria Böhmecke und Monika Michell sowie Fachbereichsleiterin Maja Wegener mit VertreterInnen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zu einem Austauschgespräch. Bei dem Treffen ging es  um die Frage, welche Maßnahmen die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit zur Umsetzung des Unterziels zur Abschaffung von Frühehen bereits umsetzt oder unternehmen wird. Das Thema  Frühverheiratung/ Zwangsheirat ist einer der Schwerpunkte im neuen Genderaktionsplan des BMZ. Zudem wird bei bilateralen Regierungsverhandlungen mit Ländern, in denen es eine hohe Zahl von Frühehen gibt, die Problematik regelmäßig angesprochen.

Am 12. Oktober 2016 waren die TDF-Referentinnen Monika Michell und Myria Böhmecke sowie Projektmitarbeiterin Mouna Smaali zu einem Informationsgespräch im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingeladen. Neben einem allgemeinen Austausch zum aktuellen Stand wurde vor allem die Frage erörtert, wie man die Situation für die von Frühehen Betroffenen verbessern kann.

Am 10. November 2016 konnte TDF-Referentin Monika Michell in einer öffentlichen Anhörung der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag die Position von TDF darlegen. Zur Diskussionsveranstaltung „Schule statt Ehe – wie lassen sich Kinderehen verhindern?“ war sie dazu als Expertin eingeladen.

Im Jahr 2016 war TDF immer wieder Anlaufstelle für MedienvertreterInnen aus dem In- und Ausland, die über die Themen Zwangsheirat und Frühehen berichteten. Vor allem der Fall einer 15-Jährigen, deren Ehe vom Oberlandesgericht Bamberg als rechtmäßig anerkannt wurde, hatte viel mediale Aufmerksamkeit erregt und sorgte für zahlreiche Interviewanfragen.