„Mich macht das traurig, ich fühle mich so machtlos.“ – Der STARK!-Workshop zum Thema sexualisierte Gewalt löste viele Emotionen aus

3 final© TERRE DES FEMMESDer gefährlichste Ort für Frauen ist ihr eigenes Zuhause. Mehr Übergriffe geschehen in den eigenen vier Wänden als bei dem berüchtigten Gang durch den dunklen Park. Dennoch ist die Hürde, über häusliche und sexualisierte Gewalt zu sprechen, noch immer groß. Um die Väter des STARK!-Projektes dafür zu sensibilisieren, dass sexualisierte Gewalt vor allem im Freundes- oder Bekanntenkreis, im Sportverein oder der Familie geschieht, und um sie zum Dialog mit ihren Töchtern anzuregen, hat das Projektteam von TERRE DES FEMMES am 29.09.2022 einen Workshop zu diesem Thema veranstaltet.

Zahlen und Fakten

Jede vierte Frau in Deutschland erlebt mindestens einmal in ihrem Leben häusliche Gewalt. In 82 Prozent der Fälle sind die Täter männlich und die Betroffenen Frauen, oft mit ihren Kindern. Es kann sich dabei um psychische, physische, soziale, sexualisierte oder finanzielle Gewalt handeln. Ziel ist, nicht zuletzt Macht und Kontrolle über PartnerIn und Familie zu erlangen.

Im Fall von sexualisierter Gewalt sind, hingegen vieler Mythen, nur 20 Prozent der Tatorte im öffentlichen Raum. Die Täter sind zu 99 Prozent Männer. Betroffen sind Frauen bzw. Mädchen und Männer, vor allem Jungen.

„Männerwelten“

Nach dem kurzen Überblick über häusliche und sexualisierte Gewalt, hat das Video „Männerwelten“ den Austausch unter den Vätern angeregt. Das Video thematisiert sexualisierte Gewalt, die Frauen sowohl physisch als auch verbal im echten Leben und im Internet täglich erleben. Die Betroffenheit der Väter war groß. Nicht weit war der Gedanke an die eigene Tochter: Wird sie eines Tages diese Gewalt zu spüren bekommen? Wie kann ich sie davor schützen? Welche Rolle spiele ich als Vater, aber auch als Mann im Leben meiner Tochter?

Sozialarbeiter Mozafer Kabbar bestärkte die Väter darin, ihre Angst wahrzunehmen und sie zu akzeptieren. In erster Linie soll es aber darum gehen, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Töchtern aufzubauen. Die Väter sollen ein wichtiger Ansprechpartner für ihre Töchter sein. Gleichzeitig müssten die Mädchen lernen, auf sich selbst und ihre Gefühle zu vertrauen, um im Ernstfall „Nein!“ sagen zu können. Die Väter können ihre Töchter dabei bestärken, indem sie ihnen zuhören und ihre Töchter ernst nehmen, wenn diese mit Sorgen zu ihnen kommen.

Die eigene Rolle reflektieren

Viel Raum hat an diesem Abend auch die Selbstreflexion der Väter eingenommen. Einige erinnerten sich an ihre Jugend und mit Scham an ihren Anteil am Thema sexualisierte Gewalt. „Im Alter von 14 bis 16 Jahren war das für uns alle normal.Ich finde es so erschreckend, weil wir uns da alle ein bisschen wiederfinden“, äußerte ein Vater ehrlich.

Einige Väter fragten sich, ob sie ihre eigenen Verhaltensweisen als Männer in einer patriarchalen Gesellschaft je ausreichend reflektiert, geschweige denn abgelegt haben. „Es ist eine Seite von euch“, so Mozafer Kabbar. Diese Seite müsse man im Spiegel betrachten und mit ihr Frieden schließen. Nur dann funktioniere auch die Kommunikation mit den eigenen Kindern über diese Themen.

Als Abschluss machten die Väter eine angeleitete Traumreise in die Zukunft. Sie sollten sich vorstellen, wie sie und ihre Töchter in ein paar Jahren auf die gemeinsame Zeit zurückblicken. Wie empfand die Tochter ihre Kindheit und Jugend? Wie würde sie mit ihren eigenen Kindern umgehen, was würde sie genauso machen? Welche Qualitäten ihres Vaters schätzte sie am meisten? Mit diesen Gedanken und einem positiven Blick in die Zukunft kam das STARK!-Treffen zu einem Ende.