Tauschten sich über das Schicksal der Êzidinnen aus: TERRE DES FEMMES-Geschäftsführerin Christa Stolle, Nujiyan Günay, Mitgründerin des êzidischen Frauenrates Berlin und Naila Chikhi, Referentin für Flucht und Frauenrechte TDF (v.r.n.l.).
Foto: © TERRE DES FEMMES Der Horror kam mit dem Morgengrauen. Am Abend des 2. August 2015 vernehmen die Êziden im Süden Sindjars die letzten Gewehrsalven des Tages. Die religiöse Minderheit der Êziden, deren Religion Jahrtausende vor dem Islam entstand, hat ihr Hauptsiedlungsgebiet im Dreiländereck Syrien, Irak und Türkei.
Üblicherweise greift der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) mittags an, doch in dieser Nacht beginnt der Sturm der Terrormiliz gegen zwei Uhr nachts. Die Mehrheit der Zivilbevölkerung schläft noch, als wenig später die schwarze Flagge über ihren Köpfen weht.
Nach erbittertem Kampf der zahlenmäßig weit unterlegenen Êziden und der Flucht der kurdischen Peshmerga dringt der IS in das Siedlungsgebiet der Êziden ein. Das Massaker der IS-Schergen an über 3.000 Männern und Frauen markiert den Auftakt dessen, was für die Êziden als 74. Völkermord an ihrer Religionsgemeinschaft gilt.
Zehntausende Überlebende flüchten sich in das angrenzende Sindjar-Gebirge und harren wochenlang ohne Wasser und Nahrung aus. Hunderte verdursten und sterben an Erschöpfung. Mit angehaltenem Atem sah die Weltgemeinschaft zu, wie die USA Luftanschläge flog und die kurdische Verteidigungsmiliz YPG einen sicheren Fluchtkorridor nach Syrien erkämpfte.