Auch über 15 Jahre nach dem Sturz der Taliban ist Afghanistan weltweit eines der gefährlichsten Länder für Frauen. Zwangsheirat, Gewalt, Frühehen, Ehrenmord und Mädchenhandel gehören zum Alltag. Wie viel Mut müssen Frauen in Afghanistan aufbringen, wenn sie ihre Stimmen erheben und ihre Rechte einfordern? Aqelah Nazari-Hossain Dad gehört zu ihnen:
Das Frauenbildungszentrum Shahrak, westlich von Herat/Afghanistan. Foto: © Frauenzentrum Shahrak
Gemeinsam mit ihren Schwestern hat sie unter den Taliban eine heimlich eingerichtete Mädchenschule und medizinische Hilfen für Frauen in Not aufgebaut. Aus diesen Initiativen sind später die Organisation NESWAN SOCIAL ASSOCIATION und im Jahr 2003 das Frauenzentrum Shahrak entstanden. TERRE DES FEMMES unterstützt das Frauenzentrum Shahrak seit 2004. Wir freuen uns über den Besuch von Aqelah Nazari-Hossain Dad in der TERRE DES FEMMES-Bundesgeschäftsstelle.
Aqelah Nazari-Hossain Dad besucht vom 4. bis 6. Juli 2018 die TERRE DES FEMMES-Geschäftsstelle und wird am Donnerstag, den 5. Juli einen Vortrag über ihre Arbeit in Afghanistan halten.
Frauen in Afghanistan – sie hoffen und sie fürchten sich
Erschreckend ist das Ausmaß der alltäglichen Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Human Rights Watch berichtet von fast 90 Prozent der afghanischen Frauen mit Gewalterfahrungen. Häusliche und sexualisierte Gewalt sowie frühe Zwangsehen sind die dominanten Probleme. Ein Großteil der Mädchen wird bereits im Alter von 10 bis 13 Jahren verheiratet. Die Müttersterblichkeit ist eine der Höchsten weltweit. Laut UN Women werden 60 Prozent aller Ehen unter Zwang geschlossen, die meisten Frauen sind nicht einmal 16 Jahre alt. Zwar haben Frauen auf dem Papier gleiche Rechte – seit 2009 gibt es ein Gesetz zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen –, aber die wirkliche Umsetzung des Gesetzes steht bis heute noch aus.
Frauen im Alphabetisierungskurs. Foto: © Frauenzentrum Shahrak
Die Benachteiligung von Frauen zeigt sich auch im verweigerten Zugang zu Öffentlichkeit und Schulbildung. Laut einer Untersuchung der Europäischen Union (2017) und dem zentralen afghanischen Statistikamt kommen in Afghanistan nur 21,7 Prozent der Mädchen und Frauen in den Genuss von Bildung (Jungen 45,9 Prozent). Nur 15 Prozent der Frauen können lesen, bei den Männern sind es immerhin 49 Prozent.
Menschenrechts- und FrauenrechtsaktivistInnen in Afghanistan fordern Gerechtigkeit ein. Aqelah Nazari-Hossain-Dad und die Aktiven im Frauenzentrum Shahrak von der Neswan Social Association zählen zu ihnen.
Umfassendes Empowerment von Mädchen und Frauen in der Region Herat stehen im Mittelpunkt der Aktivitäten vom Frauenzentrum Shahrak. In den Bereichen Bildung, Aufklärungsarbeit, sowie wirtschaftlicher Stärkung von Frauen werden die unterschiedlichsten Kurse angeboten: Alphabetisierung, Computer/EDV, Englisch, Buchhaltung und Management, sowie Kurse in der beruflichen Bildung im Schneidern, Friseurhandwerk, Weben und Sticken, Backwerk, Handyreparaturkurse u. a. m.
Frauen beim Schneidern. Foto: © Frauenzentrum ShahrakNeben dem Kursangebot werden im Frauenzentrum Shahrak Veranstaltungen zur rechtlichen Situation von Frauen in Afghanistan durchgeführt oder das Thema Frauen in Politik und Öffentlichkeit beleuchtet. Außerdem beteiligt sich das Frauenzentrum Shahrak mit Aktionen zum Internationalen Frauentag und zum 25. November – dem Internationalen Aktionstag NEIN zu Gewalt an Frauen!
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Stand 06/2018