• 24.02.2023

Aufklärungsarbeit über Zwangsheirat

Stadtteilmütter © TERRE DES FEMMES

Ein Vormittag bei den Stadtteilmüttern

Am Freitag, den 24.02.23 besuchte das Referat „Gewalt im Namen der „Ehre““ eine Gruppe auszubildender Stadtteilmütter um über Zwangsverheiratung, Frühehen und Zwangsehen aufzuklären. Die Frauen wurden zu diesem Thema sensibilisiert, um aufmerksam in die Familien zu gehen und Präventionsarbeit leisten zu können.

Die Stadtteilmütter sind Mütter aus den unterschiedlichen Bezirken Berlins, die Familien mit Kindern begleiten und bei Erziehungsfragen helfen und unterstützen. Das Projekt der Diakonie hat die Verbesserung der Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern mit Migrationsgeschichte als Ziel sowie eine erfolgreiche Integration und die Bekämpfung von Diskriminierung. Die Stadtteilmütter, die alle einen Migrationshintergrund haben, liefern zudem konkrete Hilfe und Unterstützung in den Familien.

Nach einem kurzen Aufwärmspiel stellten die Frauen sich in einer kurzen Vorstellungsrunde vor und erzählten, ob sie schon einmal Berührungspunkte mit dem Thema Zwangsheirat und Frühehen hatten. „Davon hören tun wir alle in unseren Kreisen“, berichtete eine Frau. Nach einer kurzen Thematischen Einführung und Begriffserläuterung begann die erste Diskussionsrunde: Warum verheiraten Eltern ihre Tochter? Die Frauen kannten viele Gründe für Zwangsheirat: Geld, Wohlstand, Ehre …. „Die Tochter ist keine Frau, sondern Ware“, sagte eine Teilnehmerin über Eltern, die ihr Kind zu einer Heirat zwingen.

Nach einem kurzen Überblick über die Ursachen von Zwangsheirat wurde folgende Frage diskutiert: Was können die Folgen einer Zwangsheirat sein? Es herrschte Einigkeit: die Mädchen sind noch viel zu jung für eine Ehe und diese führt oft zu einer Frühschwangerschaft, Überforderung und Trauma. Auch die häufig daraus resultierende Gewalt und der Ausschluss aus der Gesellschaft wurde aufgezeigt. „Dann sind sie nicht glücklich“.

Die Frauen berührten auch mit persönlichen Geschichten: „Meine Mama wurde mit 13 verheiratet, es wurde erwartet, dass sie Kinder bekommt (…) sie war selbst noch ein Kind. Mein Vater wollte das nicht für uns“. Den Frauen wurde ein Überblick der Zahlen und Statistiken zu Zwangsheiraten in Deutschland gegeben, auch ein Überblick über die aktuelle Gesetzeslage, die oft vielen nicht eindeutig ist. Nach diesem Input sollten die Mütter in Gruppen einen Fall von einem 14-jährigen Mädchen, welches verheiratet werden soll, besprechen und erörtern wie man dagegen vorgehen kann. Die Frauen beteiligten sich aktiv und debattierten untereinander, warum so etwas passiert und wie man als Einzelperson helfen kann. Es wurde diskutiert, gefragt, erzählt.

Die Frauen thematisierten den sozialen Druck, welcher sehr präsent ist in manchen Kreisen. Viele Kinder von Bekannten sind plötzlich verlobt oder verheiratet. „Meine Verwandten fragen immer, wann meine Tochter heiratet“, so eine Teilnehmerin. Neben der generellen Aufklärung über Zwangsheirat, standen besonders die Möglichkeiten den Betroffen zu helfen, im Mittelpunkt der Schulung. Was kann eine Stadtteilmutter persönlich tun? Wann wird das Jugendamt eingeschaltet? Wie kommuniziert man mit der Betroffenen? Konkrete Fragen rund um das Thema Hilfestellung wurden besprochen und Beratungsstellen für Betroffene aufgezeigt.

Es wird deutlich: Frühheirat sowie Zwangsheirat/ehe ist für die Mehrheit der Beteiligten ein präsentes Thema. Die Stadtteilmütter werden nach ihrer Ausbildung Familien betreuen, in welchen Frühehen und Zwangsheirat potenziell eine Rolle spielen. Für diese Fälle müssen sie vorbereitet sein, weswegen es Terre des Femmes wichtig ist diese Aufklärungsarbeit zu leisten.

In unserer Gesellschaft wird das Thema Zwangsheirat oft weggeschwiegen und nur anderen Ländern zugeschrieben. Wie eine Stadtteilmutter bemerkte: „Unsere Welt hat keine Zeit zu sehen“. Doch Tatsache ist, viele Mädchen und Frauen werden zwangsverheiratet und ihnen so ein selbstständigen Lebens verwehrt, auch in Deutschland.

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