Seit knapp einem Monat gehen in Kolumbien jeden Tag Tausende vor allem junge Menschen in Cali, Cartagena und Bogotá auf die Straße. Sie kämpfen für eine gerechtere Gesellschaft ohne Gewalt. Eine Steuerreform, die die extreme soziale Ungleichheit im Land noch weiter verschärft hätte und die inzwischen zurückgenommen wurde, hatte die Proteste ausgelöst. Doch nun geht es um viel mehr: Arbeitslosigkeit, Korruption und strukturelle Ungerechtigkeit, der verschleppte Friedensprozess mit der FARC – immer mehr Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft haben sich den Protesten angeschlossen. Die Regierung von Iván Duque reagiert hart. Nach der Zählung der"Defensoria del Pueblo", der Ombudsstelle für Menschenrechte, wurden mindestens 26 Menschen bei den Demonstrationen oder in deren Umfeld getötet. Etwa 145 Menschen werden vermisst. (ARD, 8.5.21) Die aktuellen Proteste richten sich auch gegen die seit Beginn des Friedensprozesses 2016 stark zunehmende Verfolgung und Ermordung sozialer Führungspersonen, v.a. von MenschenrechtsaktivistInnen. Nach einem Bericht vonFront Line Defenderskamen 177 der 331 weltweit ermordeten AnführerInnen sozialer Bewegungen 2020 aus Kolumbien. July Cassiani-Hernandéz verfolgt natürlich weiterhin die Proteste und das brutale Vorgehen der staatlichen Kräfte in Kolumbien und wirdhierin regelmäßigen Abständen darüber bloggen (auf Englisch). In einigen Artikeln wird sie auch von denErfahrungen aus ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen berichten – Betroffene des über 50 Jahre lang andauernden Bürgerkriegs in Kolumbien. Eine erste Geschichte ist die von Maria (Name geändert), der Tochter eines führenden Soldaten der ELN (Ejército de Liberación Nacional, der Nationalen Befreiungsarmee Kolumbiens), die schon seit ihrem achten Lebensjahr mit den Guerillakämpfern lebte. Sie war 14 Jahre alt und bereits zum dritten Mal schwanger, als sie einen Bombenangriff auf ihre Hütte im Dschungel überlebte. Das Rote Kreuz, das sie schließlich fand, konnte zwar ihr entzündetes Bein retten, nicht aber das ungeborene Kind. Für July Cassiani-Hernandéz zeigt Marias Geschichte, mit welchen traumatischen Erlebnissen gerade Mädchen und Frauen in der kolumbianischen Gesellschaft leben müssen. July Cassiani-Hernandéz kennt die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Land und kann die Konflikte fundiert beschreiben und bewerten, sowie über ihre Arbeit berichten.Sie steht gern für Interviews (auf Englisch und Spanisch) zur Verfügung. | |