• 12.10.2023

Runder Tisch mit VertreterInnen aus Politik, Polizei, Schule und TERRE DES FEMMES

© TERRE DES FEMMES

Letzte Aufführung von „Mein Herz gehört mir“ am 15.09.2023

Am 15. September 2023 fand die (vorerst) letzte Aufführung des von TERRE DES FEMMES konzipierten Theaterstücks „Mein Herz gehört mir“ statt. Seit Projektbeginn im Jahr 2020 wurden dank der Förderung durch Aktion Mensch über 1000 SchülerInnen an Berliner Schulen erreicht und zum Thema Früh- und Zwangsverheiratung sensibilisiert. Zur letzten Aufführung fanden sich rund 60 SchülerInnen der Jahrgangsstufen sieben und zehn sowie VertreterInnen aus Politik und Polizei an einer Neuköllner Schule ein.

Die Interaktivität und rege Diskussion blieben jedoch nicht auf die Bühne beschränkt: Während die SchülerInnen nach dem Theaterstück die gezeigten Szenen in Workshops inhaltlich mit den TheaterpädagogInnen vertieften, fanden sich die Fachkräfte zu einem offenen Austausch zusammen. Denn anlässlich des Projektabschlusses hatte TERRE DES FEMMES zu einem Runden Tisch geladen, an dem VertreterInnen aus Schulsozialarbeit, LehrerInnenschaft und der Berliner Polizei sich über ihre Erfahrungen und Wünsche im Umgang mit Früh- und Zwangsverheiratung austauschen konnten. Mit Mirjam Golm (SPD) und Aldona Niemczyk (CDU) – beide Mitglieder des Ausschusses für Integration, Frauen, Gleichstellung, Vielfalt und Antidiskriminierung – nahmen außerdem zwei Vertreterinnen der Berliner Landespolitik teil.

Im Austausch wurde schnell klar: Früh- und Zwangsverheiratungen sind keine Einzelfälle an Schulen. Eine Lehrkraft berichtete: „In meinen zehn Jahren als Klassenlehrerin hatte ich in jeder Klasse ein Kind, das von Zwangsverheiratung betroffen oder bedroht war.“ Die Schule ist in dieser Situation oft der einzige Ort, an dem Betroffene sich Hilfe suchen können, ohne in der Familie Verdacht zu erwecken. Aber: In den Berliner Schulen fehle es an Geld und Zeit, um diesem Problem zu begegnen. Lehrkräfte seien chronisch unterbesetzt und mit Herausforderungen konfrontiert, die eigentlich nicht in ihren Aufgabenbereich fielen. Mangel herrsche auch bei der Zahl von SchulsozialarbeiterInnen und SonderpädagogInnen, so der allgemeine Tenor der Fachkräfte. Betont wurde von diesen auch die Wichtigkeit von Bindungsarbeit zu SchülerInnen: „Man muss Brücken bauen und nicht durch Verurteilung der Familien und Kultur den Dialog abbrechen“, unterstrich eine Schulsozialarbeiterin. Im Gespräch wurde außerdem deutlich: Die Ursachen dieser Probleme sind vielfältig. Ehe und Familie seien für junge Menschen oft auch einzige Perspektive und Bezugspunkt. „Hier gilt es Alternativen aufzuzeigen, zum Beispiel durch eine gute Berufsorientierung an Schulen“, ergänzte eine Lehrerin. Ziel müsse es sein, junge Menschen und insbesondere Mädchen zu stärken und sie zu ermutigen sich Hilfe zu suchen, sollte ihre Selbstbestimmung innerhalb der eigenen Familie bedroht sein.

Abschließend bleibt aus Sicht von TERRE DES FEMMES festzuhalten: Schulen müssen stärker ins Blickfeld der Präventionsarbeit zu Früh- und Zwangsverheiratung rücken und mehr Unterstützung erhalten. Neben der Verankerung dieses Themas in der LehrerInnenausbildung, sind die personelle Aufstockung der Schulsozialarbeit und die Regelfinanzierung spezialisierter Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen wichtige Bausteine, um bedrohten und betroffenen Mädchen und Frauen effektiv zu helfen.

Stand: 10/2023

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