TERRE DES FEMMES initiiert Folgeprojekt Let’s CHANGE zur Überwindung von weiblicher Genitalverstümmelung in betroffenen Communities in der EU

Partnerinnen des aktuellen Projekts sind v.l.n.r. Zahra Naleie (FSAN), Charlotte Weil (TDF), Andrea Mewaldt (Open Europe Consulting), Gwaldys Awo (Plan Hamburg), Sokhna Fall Ba (Equipop) (ganz rechts). Foto: © TERRE DES FEMMESPartnerinnen des aktuellen Projekts sind v.l.n.r. Zahra Naleie (FSAN), Charlotte Weil (TDF), Andrea Mewaldt (Open Europe Consulting), Gwaldys Awo (Plan Hamburg), Sokhna Fall Ba (Equipop) (ganz rechts). Foto: © TERRE DES FEMMESIm Jahr 2009 schätzte das Europäische Parlament die Anzahl der von weiblicher Genitalverstümmelung betroffenen Personen auf rund 500.000. Weitere 180.000 Mädchen waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung von FGM (Female Genital Mutilation) gefährdet. Laut Aussagen des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind in der Europäischen Union sieben Länder, in denen Mädchen und Frauen aus FGM-praktizierenden Ländern am häufigsten Asyl beantragen. Deutschland, Frankreich und die Niederlande zählen zu diesen Ländern. Vor allem im Zuge der anhaltenden Migrationsströme aus Ländern wie Somalia, Eritrea und Irak ist die Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung ein wichtiger Bestandteil der Flüchtlings- und Integrationspolitik. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass FGM in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden effektiv bekämpft wird, denn weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und eine Form der geschlechtsbasierten Diskriminierung, die abgeschafft werden muss.

Vor diesem Hintergrund und in Zusammenarbeit mit nationalen sowie internationalen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen hat TERRE DES FEMMES bereits in der Vergangenheit die Projekte CHANGE und CHANGE Plus zur Abschaffung von FGM in der EU koordiniert. Nun wurde erneut das Folgeprojekt Let’s CHANGE von der Europäischen Kommission bewilligt, sodass die europaweite Zusammenarbeit zur Abschaffung dieser schädlichen Praktik fortgesetzt und nachhaltig implementiert werden kann.

Auch in diesem Projekt wird TERRE DES FEMMES ab Herbst 2018 für die kommenden zwei Jahre VertreterInnen aus Berliner Diaspora-Communities rekrutieren und diese zu MultiplikatorInnen, so genannten CHANGE Agents, ausbilden. In Zusammenarbeit mit Plan International Deutschland in Hamburg, der niederländischen Organisation FSAN und der französischen NGO Equipop entsteht so ein internationales Projekt auf EU-Ebene.

Communityarbeit als Erfolgsrezept

Berliner CHANGE Agents mit den TDF-Referentinnen und Dr. med. Christoph Zerm". Foto: © TERRE DES FEMMESBerliner CHANGE Agents mit den TDF-Referentinnen und Dr. med. Christoph Zerm. Foto: © TERRE DES FEMMESObwohl die Thematik der weiblichen Genitalverstümmelung eine überregionale Angelegenheit ist, konzentriert sich das Projekt Let’s CHANGE ebenso wie die Vorgängerprojekte auf lokale Zusammenarbeit mit betroffenen Diaspora-Communities. Dieser Ansatz hat sich als besonders erfolgsversprechend erwiesen und wurde u. a. von der Europäischen Kommission als Best-Practice-Beispiel anerkannt. Der Ansatz basiert darauf, dass die Bereitschaft zu einem aktiven Bewusstseinswandel von den Communities selbst kommt. Hierbei erklären sich Mitglieder verschiedener von FGM betroffenen Communities freiwillig dazu bereit, sich zu CHANGE Agents ausbilden zu lassen. Dazu durchlaufen sie ein sechsmonatiges Trainingsprogramm rund um das Thema FGM. Anschließend implementieren die CHANGE Agents verhaltensändernde Aktivitäten in ihren Communities, so genannte behaviour change activities. Dadurch soll die dem Thema anhaftende starke Tabuisierung gebrochen und zu den Folgen der Praktik sensibilisiert werden. Als MultiplikatorInnen und AnsprechpartnerInnen zum Thema in ihren Communities tragen die CHANGE Agents so zu einem langfristigen Wandel in Bezug auf die Praktik bei.

Neu: CHANGE Trainers bilden Fachkräfte fort

Eine Neuerung ist, dass CHANGE Agents aus dem Vorgängerprojekt ebenfalls weiterhin aktiv sind und eine neu entwickelte, auf dem Trainingscurriculum des CHANGE Agent-Trainings aufbauende Schulung erhalten. Diese Schulung qualifiziert sie als TrainerInnen für Fortbildungen für unterschiedliche Fachkräfte, die in Kontakt mit dem Thema FGM kommen. Denn die hohe Nachfrage an Fortbildungen zu FGM zeigt, dass vor allem in medizinischen, pädagogischen und sozialen Arbeitsbereichen der Bedarf an Expertise im Umgang mit betroffenen und gefährdeten Mädchen und Frauen groß ist.

Außerdem übernehmen die CHANGE Trainers eine Art Mentoringfunktion für die neue Generation CHANGE Agents und unterstützen diese, indem sie Erfahrungen teilen und sie aktiv bei den ersten behaviour change activities unterstützen.

Neue Diaspora-Communities einbezogen

Im Rahmen von Let’s CHANGE werden diesmal auch CHANGE Agents aus asiatischen Communities und dem Mittleren Osten ausgebildet. Denn auch in diesen Ländern wird FGM praktiziert. So sollen diesmal VertreterInnen aus der irakischen, indonesischen, malaysischen und afghanischen Diaspora in das Projekt integriert werden.

Insgesamt werden EU-weit 32 engagierte CHANGE Agents rekrutiert und ausgebildet, 152 behaviour change activities in den Diaspora-Communities implementiert, 24 ehemalige CHANGE Agents zu CHANGE Trainers ausgebildet und 72 Fort- und Weiterbildungen für Fachkräfte durchgeführt. Am Ende von Let’s CHANGE steht als Ergebnis ein professionelles EU-weites Netzwerk von FGM-ExpertInnen aus betroffenen Diaspora-Gemeinschaften. Die Kampagne trägt dazu bei, dass der EU-weite Kampf gegen FGM auf lokaler Ebene durch Communityarbeit vorangetrieben und gleichzeitig durch die internationale Zusammenarbeit verbreitet wird.

 

Stand: 07/2018