• 16.10.2023

Schultheaterprojekt „Mein Herz gehört mir!!

© TERRE DES FEMMES

Drei Jahre Präventionsarbeit zum Thema Frühehen und Zwangsverheiratung in Schulen und Hilfsangebote für Betroffene

Nach über 20 Aufführungen an verschiedenen Berliner Schulen endete das von Aktion Mensch geförderte 3-jährige Projekt „Mein Herz gehört mir!“ Ende September 2023 vorerst – aber die Förderung geht ab dem 01.12.23 weiter!

Das interaktive Theaterstück wurde gemeinsam mit einem Berliner Mädchentreff entwickelt und thematisierte in vier Szenen Situationen aus dem Leben von Jugendlichen – Konflikte innerhalb der Familie über Lebensentwürfe, Sex vor der Ehe, Zwangsverheiratung und Homosexualität. Die Methode Forumstheater hatte zum Ziel, eigene Interessen und Ziele zu formulieren und für diese einzustehen. Die Aufführungen bezogen die SchülerInnen aktiv ins Geschehen mit ein.

Jede Szene enthielt einen Konflikt, der mit den Jugendlichen diskutiert wurde. Sie hatten auch die Möglichkeit, in die Szene aktiv einzugreifen und Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt zu finden. Sie konnten entweder selbst eine Rolle in der Szene übernehmen oder Ideen und Lösungsmöglichkeiten einwerfen. Im Anschluss wurden die Themen in Workshops vertieft und Hilfsangebote aufgezeigt. Das Theaterstück war eine Einladung an alle Jugendlichen, die eigenen Verhaltensweisen, Vorstellungen und Werte zu hinterfragen, sie für kulturelle Unterschiede zu sensibilisieren und in ihrer Suche nach einem selbstbestimmten Leben zu stärken.

Begleitet wurde das Projekt von drei TheaterpädagogInnen, einer sozialpädagogischen Beraterin und einem Team von TERRE DES FEMMES.

Insgesamt wurden mit dem Stück über 1000 Jugendliche aus 53 Ländern erreicht. Das Team besuchte Gymnasien, Sekundarschulen, Oberschulen und Gemeinschaftsschulen in ganz Berlin.

Wie kam das Stück bei den Jugendlichen an?Die anonymisierte Befragung der SchülerInnen zeigte, dass das Theaterprojekt auf durchweg positive Resonanz stieß. 75 Prozent gaben an, dass sie es wichtig fanden, über Gleichberechtigung zu diskutieren und offen darüber sprechen zu können. Selbst mitspielen zu dürfen und in die Szenen eingreifen zu können wurde sehr positiv bewertet. Gemeinsam nach Lösungen zu suchen und sie direkt auszuprobieren kam bei vielen Jugendlichen gut an. Eine Schülerin meinte: „Ich weiß jetzt, dass ich was sagen muss, wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin.“  (Auswertung der gesamten Schulveranstaltungen)

Was sagen die Lehrkräfte

Auch von den Lehrkräften wurde das Projekt sehr positiv bewertet. Parallel zu den Workshops der Jugendlichen wurde ein Austausch sowie Beratung zum Thema Frühehen und Zwangsverheiratungen für Lehrkräfte und Schulsozialarbeit angeboten, welches gut angenommen wurde. 80 Prozent der Lehrkräfte gaben an, dass sie sich mehr Unterstützung bei diesem Thema wünschten und sie die angesprochen Themen des Stücks sehr realistisch fanden. 68% gaben an, dass es bei ihnen an der Schule bereits Fälle von (drohender) Zwangsverheiratung gab. Eine Lehrkraft betonte: „Ich finde es wichtig, dass den Schülerinnen und Schülern mehrere Handlungsoptionen aufgezeigt werden und sie lernen, dass es nicht nur eine richtige Perspektive gibt!“

Eine andere Lehrkraft hob hervor: „Mit einfachen Mitteln wurde dieses komplexe Thema so aufbereitet, dass Jugendliche einen leichten Zugang bekommen. Es wurde auf Klischees verzichtet.“

Öffentliche Aufführung

Am 8. September 2022 fand eine öffentliche Aufführung im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt statt. Da die Aufführungen sonst nicht für die Öffentlichkeit zugänglich waren, war dies die Möglichkeit, Fachpublikum und Interessierten einen Einblick zu geben. Mit einem Grußwort der damaligen regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey konnten rund 100 Gäste, darunter eine Schulklasse, das Stück erleben und im Anschluss mit einer ExpertInnenrunde ins Gespräch kommen.  

Aufklärungsclip und Aufklärungsmaterialien für Jugendliche

Für die Jugendlichen wurde in Zusammenarbeit mit der Illustratorin Miriam Barton ein 90-sekündiger Clip entwickelt, der über Früh- und Zwangsverheiratungen aufklärt und die Jugendlichen ermutigen soll, sich Hilfe zu holen. Das Video kann hier angeschaut werden.
Auch Poster und Postkarten wurden für die Jugendlichen entwickelt und können kostenfrei im Shop bestellt werden.

Elternbroschüre

Für die schwer erreichbare Zielgruppe Eltern wurde außerdem die Broschüre „Starke Familien haben starke Töchter“ in 8 Sprachen entwickelt. In einfacher Sprache und mit zahlreichen Illustrationen klärt die Broschüre über die rechtliche Lage auf und animiert Eltern, sich die Auswirkungen von Zwangsverheiratungen auf ihre Töchter bewusst zu machen.

Die Broschüre kann kostenfrei in unserem Shop bestellt werden.

Die Weiße Woche

Bereits zwei Mal fand die „Weiße Woche“ – eine Aufklärungswoche zum Thema Früh- und Zwangsverheiratung und Gefahr der Verschleppung in den Sommerferien in Berliner Schulen statt. In vielen Workshops wurden die SchülerInnen gemeinsam mit der Berliner Polizei kurz vor Beginn der Sommerferien über die Gefahr der Verschleppung und Zwangsverheiratung aufgeklärt und Hilfsmöglichkeiten aufgezeigt. 700 SchülerInnen konnten 2023 durch die Präventionsarbeit erreicht werden. 

Berliner Stadtteilmütter

Ein weiterer wichtiger Baustein war die Schulung der Berliner Stadtteilmütter zu den Themen Frühehen und Zwangsverheiratungen. Das Projekt Stadtteilmütter richtet sich an arbeitslose Mütter nicht deutscher Herkunft, die in verschiedenen Themen zur Erziehung, Bildung und Gesundheit qualifiziert werden. Die Frauen sind vorrangig türkisch oder arabisch sprechende Muttersprachlerinnen. Der Qualifizierungskurs dauert sechs Monate, danach geben die geschulten Stadtteilmütter ihr Wissen weiter und besuchen andere Familien ihrer Communities. Dadurch sind sie für unser Projekt wichtige Multiplikatorinnen und können den Familien beratend zur Seite stehen.

Einen Einblick in die Arbeit der Stadtteilmütter erhalten Sie hier.

Stand 10/23

  • © TERRE DES FEMMES
  • © TERRE DES FEMMES
  • Öffentliche Aufführung im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt. © Martin Funck
  • Hier ist eine Braut und ein Bräutigam zu sehen, an denen von den Eltern gezogen wird.
    Aufklärungsmaterialien für Jugendliche. © TERRE DES FEMMES
  • © TERRE DES FEMMES
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