• 04.06.2024

Ihr habt die Wahl: Am 9. Juni für die Partei voten, die sich wirklich für Frauenrechte stark macht!

Europawahl 2024: Deine Stimme für Frauenrechte

Die Gleichstellung der Geschlechter ist in der Verfassung verankert und somit elementar für die Europäische Union. Insbesondere zu der jetzigen Zeit, in dem der Rechtsdruck und damit der Antifeminismus europa- als auch deutschlandweit immer größer wird. Aus diesem Grund ist es unabdingbar eine Partei zu wählen, die sich für Demokratie und Feminismus einsetzt.

Der Rechtsruck in Europa ist real und wächst stetig. So wurden auf nationalen Ebenen bereits Gesetze verabschiedet, die von KritikerInnen als frauenfeindlich eingestuft wurden. Beispielsweise wurde Anfang des Jahres in Italien ein Gesetz eingeführt, das Abtreibungsgegnern erlaubt, Kontakt zu Frauen aufzunehmen, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen. So heißt es in einer aktuellen Oxfam-Studie: "Der zunehmende Rückschlag gegen die Gleichstellung der Geschlechter in ganz Europa lässt sich an den wachsenden Wahlerfolgen und der Vertretung rechtsextremer populistischer Gruppen in Ländern wie Schweden, Italien und den Niederlanden ablesen". Mit der Europawahl haben alle EuropäerInnen die Möglichkeit, Europa demokratisch mitzugestalten und dem Rechtsruck in Europa entgegenzutreten.

Wir haben Parteien auf den feministischen Prüfstand gestellt

Als Vorbereitung auf die bevorstehenden Europawahlen 2024 hat TERRE DES FEMMES Wahlprüfsteine an verschiedene Parteien geschickt. Diese dienen dazu, die Positionen der Parteien zu wichtigen feministischen Themen zu ermitteln und WählerInnen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Die Wahlprüfsteine wurden bei den Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU, DIE LINKE, FDP, Freie Wähler, Volt und ÖDP eingereicht: zum PDF-Download.

TERRE DES FEMMES macht anhand der Wahlprüfsteine die Ziele und Lösungsansätze der Parteien für alle Wählerinnen und Wähler besser sichtbar, um Frauen- und Mädchenrechte zu verbessern und Europa als sicheren, gewaltfreien Ort für Mädchen und Frauen zu gestalten.

TDF befürwortet den Initiativbericht des Europaparlaments, der sagt: Prostitution ist Gewalt gegen Frauen und setzt sich für die europaweite Einführung des Nordischen Modells ein. Außerdem stellt sich TDF klar gegen die kommerzielle Leihmutterschaft und befürwortet die Entscheidung Europas, erzwungene Leihmutterschaft als Menschenhandel zu kategorisieren, fordert ein Recht auf Kostenübernahme bei Schwangerschaftsabbrüchen und verurteilt stark das Scheitern einer Europäischen Richtlinie gegen Vergewaltigung. Nur ja heißt ja!

Welche Antworten unsere Wahlprüfsteine ins Rollen gebracht haben, lesen Sie hier.

Wo sich die meisten Überscheidungen von Parteiprogrammen mit unseren Positionen zeigen, weiter im Text und in unser Infographik zur Übersicht.

Wer will die Umsetzung der Istanbul-Konvention, um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern?

TDF ist es ein großes Anliegen geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern. Geschlechtsspezifische Gewalt, insbesondere sexualisierte Gewalt, ist Ausdruck, Ursache und Folge struktureller Ungleichheit zwischen Frauen und Männern. Jede dritte Frau hat seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren. Tätern geht es um Machtdemonstration und Erniedrigung – dafür nutzen sie Sex als Waffe. 2023 hat die EU mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention und der Verabschiedung der Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen zu verhindern. TDF begrüßt sehr, dass alle untersuchten Parteien fordern, die Istanbul-Konvention in ganz Europa umzusetzen.

Darüber hinaus setzt sich die SPD dafür ein, dass schädliche Normen, Strukturen und Stereotype angesprochen, analysiert und aufgelöst werden müssen. Durch gendersensible Bildungsprogramme für Jungen und Mädchen soll eine europaweite Gewaltprävention angeboten werden. Außerdem fordert die Partei, dass „geschlechtsspezifische Gewalt als europaweiter Straftatbestand anerkannt wird, um damit in Zukunft noch umfangreicher alle Formen der Gewalt gegen Frauen bekämpfen zu können“ (Europawahlprogramm SPD: 37).

Die Grünen sehen den Opferschutz im Zentrum des Handelns und fordert „eine gute Koordination zwischen den Mitgliedstaaten, öffentlichen Stellen und Justizbehörden“ (Europawahlprogramm Die Grünen: 93). Dabei sehen die Grünen besonders die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen und Müttern, insbesondere nach einer Trennung von gewalttätigen Vätern/Partnern als einen wichtigen Baustein. Die Grünen, die Linke sowie die SPD wollen gegen digitale Gewalt, unter anderem „Hate Speech“ vorgehen.

Außerdem setzt sich die Linke u.a. zur Aufgabe, die Versorgung von Gewalt betroffenen Frauen (Schutzräume, Beratungsstellen, psychologische Begleitung) auszubauen. Auch die Partei Freie Wähler fordert das Ausbauen von Programmen und Projekten, die die fortlaufende Überwachung, Evaluierung und Maßnahmen zu geschlechtsspezifischer Gewalt fördern.

Mit großem Bedauern hat TDF festgestellt, dass keine Partei spezifische Maßnahmen oder Handlungsstrategien mit dem Umgang von Vergewaltigung genannt haben. Die ILO-Konvention 190 gegen sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz war ebenfalls in keinem Wahlprogramm zu finden.

Für wen ist Gleichberechtigung wirklich Programm?

TDF ist erfreut, dass sich jede Partei (mal mehr, mal weniger ausführlich) für ein gleichberechtigtes Europa einsetzt. So fordert CDU/CSU die Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Grünen kritisieren u.a., dass Frauen von diversen Verhandlungen ausgeschlossen werden und setzen sich insbesondere für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik ein. Bis auf die SPD und die Grünen wird von keiner weiteren Partei die feministische Außen- und Entwicklungspolitik in ihrem Wahlprogramm erwähnt.

Sowohl die Grünen als auch die Linke, Freie Wähler und Volt fordern bessere Bedingungen und Bezahlung von sowohl Sorge- und Care-Berufen als auch Care-Arbeit, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden. Die FDP und die Grünen sprechen sich in ihrem Programm für die Förderung von Frauen im MINT-Bereich und für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Care-Arbeit aus. Die SPD will sich dafür einsetzen, dass erneut eine Kommissarin zu dem Thema Gleichstellung gewählt und der EU-Haushalt durch Gender Budgeting geschlechtsspezifisch aufgestellt wird.

Für die Linke steht eine gute Arbeit und Löhne, eine andere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und der gesellschaftliche (Sorge-)Arbeit sowie die sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung im Vordergrund. Sie wollen sich insbesondere gegen Antifeminismus, Homo- und Transfeindlichkeit einsetzten. Dafür fordert die Partei verbindliche Antidiskriminierungsgesetze (im öffentlichen und privaten Sektor) in allen EU-Staaten. Die Partei Freie Wähler weist darauf hin, „dass Frauen in Führungspositionen in Politik und Wirtschaft unterrepräsentiert sind und tatsächlich in der gesamten EU immer noch durchschnittlich 16 Prozent weniger verdienen als Männer.“ (Europawahlprogramm Freie Wähler: 39). Sie fordern u.a. eine Angleichung der Löhne und langfristige Förderprogramme für Sozial- und Geschlechterforschung im medizinischen Bereich

Wer kämpft dafür, dass Frauen über ihren Körper selbst bestimmen können?

TDF setzt sich für sexuelle Selbstbestimmung ohne Bevormundung ein. Sexuelle und reproduktive Rechte sind Menschenrechte. Vielen Menschen, insbesondere Mädchen und Frauen, bleibt aber das Recht selbstverantwortlich über ihren Körper und ihre Fortpflanzung zu entscheiden, verwehrt. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich 295.000 Frauen während der Schwangerschaft und bei der Geburt. TDF fordert die Abschaffung des §218 und damit die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Insbesondere jetzt, nach der Veröffentlichung der Kommissionsergebnisse zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, und der Unterstützung der Kampagne „My Voice, MY Choice“, begrüßt TDF, dass sich die Grünen, SPD, FDP, Die Linke und Volt, dieses wichtige Thema mit in das Wahlprogramm aufgenommen haben. Bedauerlich ist, dass die CDU/CSU sich nicht zu diesem Thema äußert und damit die Selbstbestimmung der Frauen einschränkt.  

Für den Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch setzen sich SPD, die Grünen, FDP und Die Linke ein. Die Grünen betonen, dass ein Schwangerschaftsabbruch als Menschenrecht in allen Mitgliedsstaaten gelten muss. Sie fordern gemeinsam mit der SPD, dass dieses Recht in der EU-Grundrechtecharta verankert wird. Die SPD setzt sich für universellen Zugang zu Verhütung, sexuelle und reproduktive Rechte, reproduktive Selbstbestimmung, sichere Schwangerschaftsabbrüche und niedrigschwelligen Zugang zu Abtreibungsmitteln ein. Die FDP plädiert nicht für die Abschaffung des Paragrafen §218, sondern fordert, dass das Recht auf gesundheitliche Versorgung mit sicheren Schwangerschaftsabbrüchen in Europa gewährleistet und die reproduktiven Rechte in allen Mitgliedstaaten geachtet werden müssen. Außerdem heißt es im FDP Wahlprogramm „Reproduktive Rechte wie Eizellspende und altruistische Leihmutterschaft müssen, wenn sie in einem EU-Mitgliedstaat rechtmäßig in Anspruch genommen wurden, in anderen EU-Staaten geachtet werden und dürfen für ihre Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nicht unter Strafe gestellt werden“ (Europawahlprogramm FDP: 11).

TDF kritisiert dies und fordert keine Legalisierung jeglicher Form von Leihmutterschaft, weil die Würde der Frauen und des Kindes verletzt wird, als auch das Verbot jeglicher Form von Eizellabgabe zur Erfüllung des Kinderwunsches dritter Personen. Die Linke fordert die Abschaffung des §218, finanzielle Unterstützung für Bündnisse für sexuelle und körperliche Selbstbestimmung sowie für Medizinstudierende und ÄrztInnen, die sich für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs einsetzen. Zudem verlangen sie verbindliche Mindeststandards für die Erreichbarkeit der Orte, an denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden können. Für die Förderung geschlechtsspezifischer Forschung setzen sich die Grünen und Die Linke ein.

Der Schutz vor Genitalverstümmelung sowie der Umgang und die Unterstützung von Betroffenen ist TDF seit mehr als 40 Jahren ein großes Anliegen. Mit großem Bedauern wurde festgestellt, dass keine Partei dieses wichtige und akute Thema in die Wahlprogramme mitaufgenommen hat.

Wer fordert: Umsetzung des Nordischen Modells jetzt?

Weltweit sind 60% der von Menschenhandel Betroffenen Mädchen und Frauen; in Deutschland sind es sogar 95,2% der Betroffenen. TDF wendet sich seit jeher entschieden gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen und setzt alles dran, das "System Prostitution" offenzulegen und ihm ein Ende zu bereiten.

In den Wahlprogrammen von der FDP und den Freien Wählern wurde dieses wichtige Thema leider nicht mit aufgenommen. Die CDU legt einen besonderen Fokus auf die Verbesserung der Koordinierung der Strafverfolgung, insbesondere bei der Bekämpfung von Menschenhandel und einer restriktiven Prostitutionspolitik. Die Grünen betonen, dass es falsch ist, Opfer von Menschenhandel abzuschieben. Sie fordern dauerhafte Bleiberechte und Schutzprogramme sowie die Erstellung von Aktionsplänen zur Verhinderung von Menschenhandel. Zudem setzen sie auf Allianzen zwischen Fachberatungsstellen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Wirtschaft sowie auf Schulungen für Personal, das Kontakt zu den Betroffenen hat.

Die SPD als auch die Linke möchte den gemeinschaftlichen Kampf Europas gegen Menschenhandel fortsetzen, mit dem Hauptziel, die Frauen zu schützen, die mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung in die EU verschleppt werden. Dies soll durch Aufenthaltsrechte, psychische Betreuung, Rechtsbeistand, Rechtshilfe und Zugang zu sozialen Leistungen erreicht werden. Die ÖDP fordert den Ausbau von Europol zur wirksamen Unterstützung der nationalen Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen internationale Terrornetzwerke und organisierte Kriminalität wie Menschenhandel. Volt erkennt die Herausforderungen der Digitalisierung des Menschenhandels und strebt eine Verbesserung der strafrechtlichen Reaktionen auf technologiegestützte Straftaten an.

Während sich die Parteien einig sind, dass Prostituierte und Betroffene von Menschenhandel geschützt werden sollen und diese Aspekte des EU-Initiativberichts von Maria Noichl unterstützen, befürworten lediglich die SPD und die ÖDP den Kampf gegen die Ausbeutung mithilfe des Nordischen Modells.

Prostitution ist eine der am längsten tradierten Formen sexueller Ausbeutung von Mädchen und Frauen im Patriarchat und ist somit Ausdruck eines grundlegenden Machtungleichgewichts zwischen den Geschlechtern. Prostitution verfestigt Geschlechterhierarchien und suggeriert eine permanente sexuelle Verfügbarkeit der Frau. Da sich wenige Parteien konkret zu dem Thema Prostitution in den Parteiprogrammen geäußert haben, weisen wir hier nochmal auf unsere Wahlprüfsteine hin: zum PDF-Download. Die CDU/CSU setzt sich für eine restriktive Prostitutionspolitik ein. Die Linke und Volt fordern, die Rechte von Frauen in der Prostituierten zu stärken, sichere Arbeitsorte zu schaffen und Stigmatisierung, Repression sowie Kriminalisierung von Prostituierten und Sexkäufern zu verhindern. TDF kritisiert insbesondere die Forderung nach Entkriminalisierung der Sexkäufer. Denn Bordellbetreiber, Zuhälter und Sexkäufer sind mitverantwortlich für die geschlechtsspezifische Gewalt in der Prostitution.

Deswegen setzt sich TDF dafür ein, dass das abolitionistische Modell, auch „Nordisches Modell" genant, in Deutschland eingeführt wird. Das bedeutet: Prostituierte entkriminalisieren, dafür Sexkäufer und Betreiber kriminalisieren, Ausstiegsprogramme einrichten und finanzieren und Präventions- und Aufklärungsarbeit leisten.  

Mit großem Bedauern hat TDF festgestellt, dass keine der aufgeführten Parteien die Themen Verbot des Kinderkopftuches in Bildungseinrichtungen bis zum Alter von 14 Jahren sowie Zwangsverheiratung in ihr Wahlprogramm mitaufgenommen haben. 

Wer hat die Wahl?

Nicht alle. Gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei zu leben ist für die Mehrheit der Mädchen und Frauen weltweit ein in noch weiter Ferne liegendes Ziel. Auch in Deutschland ist dieses Ziel längst nicht für alle Mädchen und Frauen verwirklicht. Umso wichtiger am 9. Juni wählen zu gehen. 

Nutzt Eure Chance, mit Eurer Stimme die Zukunft in Europa mitzugestalten. Wer für den Schutz für Frauen und gegen geschlechtsspezifische Gewalt ein starkes Zeichen setzen möchte, wählt eine demokratische Partei, die sich genau hierfür einsetzt.

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