Jin Jiyan Azadî!
Das Unrechtsregime islamische Republik Iran - Zahlen, Daten, Fakten

Jin Jiyan Azadî!
Das Unrechtsregime islamische Republik Iran - Zahlen, Daten, Fakten
Am heutigen Tag, dem 16. September 2023, jährt sich zum ersten Mal der Todestag von Jina Mahsa Amini. Die junge Kurdin wurde bei einem Besuch in Teheran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die staatliche Kopftuch-Pflicht festgenommen. Im Gewahrsam der Sittenpolizei wurde sie mutmaßlich so heftig geschlagen, dass sie ins Koma fiel und verstarb. Ihr Tod löste die aktuelle feministische Revolution aus. Seit vielen Monaten demonstrieren die todesmutigen Menschen gegen die Mullahs und ihr theokratisches Gender-Apartheid-Regime. Trotz der drakonischen Strafen für die Nichtbeachtung der Kopftuch-Pflicht zeigen Mädchen und Frauen täglich Gegenwehr. Wir müssen weiterhin SchallverstärkerInnen sein und solidarisch mit den demonstrierenden IranerInnen sein!
Inhaftierungen, Verletzte und Getötete seit September 2022
- Schätzungsweise über 22,000 Demonstrierende inhaftiert
- Über 750 getötete Demonstrierende, davon schätzungsweise 43 Kinder
- Mehr als 580 IranerInnen haben ein oder beide Augen durch gezielte Schüsse der „Sicherheitskräfte“ verloren
Deutsche Staatsbürgerin Nahid Taghavi weiterhin in Haft
- Seit Oktober 2020 ist die Deutsch-Iranerin, die sich seit Jahrzehnten unerlässlich für Frauenrechte einsetzt, im berüchtigten Frauentrakt des Evin Gefängnisses inhaftiert
- Im Juli 2022 wurde sie aufgrund einer dringend notwendigen medizinischen Behandlung in Hafturlaub entlassen. Trotz nicht abgeschlossener Behandlung wurde Nahid Taghavi am 13. November wieder inhaftiert. Diese erneute Inhaftierung erfolgte kurz nachdem die deutsche Bundesregierung ankündigte, zusätzliche Sanktionen gegen die iranische Regierung zu verhängen
- Nahid Taghavi wird weißen Foltermethoden ausgesetzt. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich fortlaufend. Ihre Mitgefangene Narges Mohammadi berichtet zuletzt im Juni 2023 von einer dramatischen Verschlechterung
Hinrichtungswelle im Iran
- Zwischen Januar und Anfang August 2023 wurden bis zu 423 Gefangene hingerichtet. Fast doppelt so viele Hinrichtungen wie im Zeitraum vergangenes Jahr. Ethnische Minderheiten aus den Provinzen West Aserbaidschan, Ost-Aserbaidschan, Sistan und Baluchistan sowie Kurdistan sind besonders häufig von der Todesstrafe bedroht.
- Sexuelle Minderheiten sind ebenfalls von der Todesstrafe bedroht. Im September 2022 erging die Todesstrafe für die lesbischen Aktivistinnen Zahra Sedighi-Hamadani und Elham Choubdar
- Politisch motivierte Hinrichtungen nehmen stark zu. 7 junge Männer wurden seit Dezember 2022 für die Teilnahme an der Revolutionsbewegung hingerichtet. 2 Männer wurden im Mai 2023 im Arak Gefängnis für „Beleidigung des Propheten“ hingerichtet, während mindestens 8 weitere für „verschiedene politische Verbrechen“ hingerichtet wurden
- Im Iran können Menschen für Vergehen wie Blasphemie, Homosexualität und Ehebruch hingerichtet werden, die in säkularen Demokratien unvorstellbar sind. Keines dieser „Vergehen“ darf unter internationalem Recht mit der Todesstrafe geahndet werden
Vergiftungen in Mädchenschulen
- Die ersten Berichte über vergiftete Schülerinnen erschienen bereits im November 22
- Seit dem Frühjahr gab es eine regelrechte, landesweite „Vergiftungswelle“. Die Vermutung liegt nahe, dass die Schülerinnen und ihre Eltern eingeschüchtert werden sollen
- In 28 der 31 iranischen Provinzen kam es zu Vergiftungen in Mädchenschulen, über 7000 Schülerinnen sollen betroffen sein
- Seit April 2023 gibt es keine öffentlichen Informationen mehr
Gender-Apartheid auch durch Videoüberwachung
- Mithilfe von Videoüberwachung möchte die Polizei verschärft gegen Mädchen und Frauen vorgehen, die kein Kopftuch tragen. Besonders hart sollen Personen bestraft werden, die Mädchen und Frauen ermutigen, das Kopftuch abzulegen
- Das Innenministerium fordert, Bürgerinnen sollen unverschleierte Frauen ansprechen und „zur Rede stellen“. Dieses „zur Rede stellen“ artete bereits in Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen aus. Der Justizchef Gholamhossein Mohseni Edschei erklärte Anfang April 2023: „Die Abnahme des Schleiers ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber unseren Werten. Diejenigen, die solche anomalen Handlungen begehen, werden bestraft und ohne Gnade verfolgt"
- Seit dem 16. Juli 2023 geht die „Sittenpolizei“ mit Patrouillen zu Fuß und im Auto wieder massiv und verstärkt gegen Verstöße von Frauen gegen die Kopftuchpflicht vor. Die angebliche Auflösung der Sittenpolizei seitens des iranischen Unrechtsregimes hat sich als Lüge erwiesen. Berichten zufolge haben Millionen von Frauen SMS-Drohungen erhalten, dass ihre Autos konfisziert werden, wenn man sich nicht an das Verschleierungsgebot hält, mit tausenden Fällen in denen dies eingetreten sei
- Eine neue Strafreform der Kopftuchpflicht beinhaltet Verschärfungen der Strafen bei Missachtung. UN-SonderberichterstatterInnen schätzen den neuen Gesetzesentwurf als eine Form der Geschlechterapartheid ein, bei der es sich um systematische Diskriminierung bis hin zur völligen Unterdrückung von Frauen und Mädchen handelt
Einschüchterung und Belästigung von Familien der Opfer
- Familien, die durch die Revolution Angehörige verloren haben, werden gezielt schikaniert, eingeschüchtert und verhaftet. Rund 70 Personen, die im Zuge der Revolution Familienmitglieder verloren haben, wurden in den letzten Monaten verhaftet. Am 05. September wurde auch Jina Mahsa Aminis Onkel verhaftet. Die Familien werden vom Geheimdienst als potenzielle Katalysatoren für ein Wiederanfachen der Revolution gesehen
- Die iranischen Behörden schränken friedliche Versammlungen der Familienangehörigen der Getöteten und Hingerichteten grausam ein, zerstören Grabsteine schrecken auch vor Grabschändung nicht zurück. Bildmaterial zeigt, dass Gräber mit Teer und Farbe beschmiert oder durch Brandstiftung beschädigt wurden
Exil-IranerInnen auch in Deutschland bedroht
- Iran betreibt Staatsterrorismus, so der deutsche Verfassungsschutz. Im Ausland lebende RegimegegnerInnen werden entführt, um sie zum Schweigen zu bringen. Diese Bekämpfung von oppositionellen Gruppierungen und Einzelpersonen stellt den Schwerpunkt des iranischen Staatsterrorismus dar
- Wer Glück hat und die Bedrohungslage nachweisen kann, kann politisches Asyl in Deutschland bekommen und ist dennoch nicht vor Verfolgung und Einschüchterung sicher
- Erschreckend ist die Ablehnungsquote von asylsuchenden IranerInnen. Sie lag im Zeitraum Januar bis August 2023 mit 55% genauso hoch, wie nach Beginn der Revolution im September 2022. Die lebensbedrohliche frauen- und menschenrechtliche Lage im Iran trifft nicht auf verbesserte Anerkennungschancen. Es muss den deutschen Behörden bewusster werden, dass selbst schon das Verschenken von Schokolade mit der Aufschrift Frau Leben Freiheit vom iranischen Unrechtsregime als subversive Geste gedeutet wir und mit der Todesstrafe geahndet wird
- Der angestrebte, offizielle Abschiebestopp in den Iran bis Ende 2023 steckt in den bürokratischen Mühlen zwischen den Ländern und dem Bundesministerium für Inneres und Heimat fest
Unsere Aufzählungen sind nicht abschließend und wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die unausgeschöpften Sanktionsmöglichkeiten, das Atomabkommen, das hochrangige Mullah-Vertreter bei der UN sprachen, haben wir hier beispielsweise nicht weiter thematisiert. Diese Beispiele zeigen allerdings, dass Debatten im Bundestag allein nicht ausreichen werden, um das Unrechtsregime Iran und seine frauen- und menschenverachtenden Methoden zu stoppen.
Sie selbst können auch aktiv werden: Folgen Sie auf Social Media Kanälen bekannten FrauenrechtsaktivistInnen und tragen Sie mit Likes zu einer höheren medialen Aufmerksamkeit bei. Gehen Sie auf Kundgebungen aber beachten Sie bitte die Reisehinweise des Auswärtigen Amts: Wer sich solidarisiert und öffentlich zur feministischen Revolution bekennt, sollte nicht in den Iran reisen.
Unsere Mitfrau Mina Ahadi startete Anfang September den Aufruf "Lasst uns die Geschlechter-Apartheid im Iran ein für alle Mal beenden!". Infos zum Aufruf und wie Sie selbst unterzeichnen können, finden Sie hier.
Unsere Forderungen
TERRE DES FEMMES fordert von der Bundesregierung:
- Erhöhen Sie den politischen Druck mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegenüber der iranischen Regierung - JETZT! Diplomatie allein ist nicht mehr ausreichend!
- Kein Geldfluss für das iranische Regime: Stopp aller Handels- und Finanzgeschäfte
- Unterbindung aller iranischen Geheimdienstaktivitäten in Deutschland
- Gewährleistung der Sicherheit von ExiliranerInnen in Deutschland
- Abschiebestopp in den Iran
- Einhaltung des Neutralitätsgebots, um geflüchtete Frauen nicht zu retraumatisieren
- Sichere und geschlechtssensible Unterbringung von geflüchteten Frauen
- Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung und Durchsetzung von geschlechtsspezifischen Rechten im Asylrechtsverfahren
- Für alle Beteiligten innerhalb des Asylrechtsverfahrens: Durchführung von Fachkräfteschulungen, Mittelbereitstellung für farsi-sprechende SprachmittlerInnen, Ausbildung von weiblichem Fachpersonal und Einsetzen von weiblichem Fachpersonal bei geflüchteten Frauen
TERRE DES FEMMES fordert von der iranischen Regierung: - Freilassung aller inhaftierten Frauen- und MenschenrechtsaktivistInnen
- Freilassung aller inhaftierten Deutsch-IranerInnen (Doppelstaatsangehörige)
- Einhaltung der Menschenrechte = Frauenrechte
- Aufhebung des Verhüllungszwangs und weiterer Kleider- und Verhaltensvorschriften für Mädchen und Frauen
- Gewährung von Versammlungs- und Meinungsfreiheit
- Förderung von Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von Frauen
- Unterlassung von Staatsgewalt und Willkür gegen die Zivilbevölkerung