Eizellabgabe

Kinderwunsch in Zeiten der neuen Reproduktionstechnologien – Warum TDF sich gegen die Eizellabgabe ausspricht

In Deutschland hat ca. jedes zehnte Paar im Alter von 25 bis 58 einen unerfüllten Kinderwunsch.(1) Heutzutage gibt es immer mehr Möglichkeiten, den Kinderwunsch mit Hilfe von Reproduktionstechnologien zu erfüllen. Einfluss auf die Wahl der Wunscheltern haben einerseits die rechtlichen Bedingungen im In- und Ausland, als auch die finanziellen Möglichkeiten der Wunscheltern sowie ethische und moralische Überzeugungen.

Es gibt diverse medizinische Verfahren, die im Bereich der Reproduktion genutzt werden. Behandlungen wie Spermiogramme oder Gebärmutterspiegelungen sind seit Längerem Teil der reproduktiven Gesundheitsversorgung. Andere Reproduktionstechnologien wie die Eizellabgabe beanspruchen währenddessen die Keimzellen Dritter. Nicht zu verwechseln mit dem Verfahren des social freezing, bei dem eine Person die eigenen Eizellen für einen späteren Eigenbedarf einfriert. Unter dem Begriff der neuen Reproduktionstechnologien können eng definiert alle Verfahren gefasst werden, die eine In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), also eine Befruchtung im Reagenzglas, beinhalten.(2) 2020 wurden 22.200 Kinder in Deutschland mithilfe einer Kinderwunschbehandlung geboren.(3)

Die Eizellabgabe (auch Eizellspende genannt)

Die kommerzielle und ,,altruistische“ Eizellabgabe ist in Deutschland laut dem Embryonenschutzgesetz von 1991 verboten und wird nach wie vor politisch und gesellschaftlich diskutiert. TERRE DES FEMEMS spricht sich gegen die Legalisierung von Eizellabgaben aus. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Zum einen bestehen sowohl für die Eizellgeberin als auch für die Eizellempfängerin hohe medizinische Risiken. Die Eizellgeberin wird durch Hormone stimuliert, dann werden die gereiften Eizellen durch einen invasiven Eingriff entnommen. Dabei entstehen gesundheitliche Risiken wie beispielsweise eine Infektion der Eierstöcke, die Verletzung der Blase oder des Darms sowie Risiken bei der Narkose. Außerdem hat jede Frau von Geburt an nur eine begrenzte Anzahl an Eizellen. Über Langzeitfolgen oder die Auswirkung auf die eigene Fruchtbarkeit gibt es noch wenige Forschungsergebnisse. Diesen Risiken setzt sich die Eizellgeberin aus, um Dritten den Kinderwunsch zu erfüllen.(4)

Auch für die Eizellempfängerin entstehen höhere medizinische Risiken. Bei einer Schwangerschaft mit fremdem genetischem Material gibt es ein erhöhtes Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft und die Gefahr von schwangerschaftsbedingtem Bluthochdruck und infolgedessen die Gefahr einer Präeklampsie. Dazu kommt, dass die Erfolgschancen für eine Schwangerschaft mit fremden Eizellen geringer sind.(5)

Insbesondere Frauen, die altersbedingt infertil sind, versuchen über die Eizellabgabe ihren Wunsch nach einem biologischen Kind zu erfüllen. Eine Studie aus Berlin, bei der 115 Frauen untersucht wurden, die mithilfe einer fremden Eizelle schwanger geworden sind, zeigt ein Durchschnittsalter von 44 Jahren auf. Die älteste Frau in der Studie war 65 Jahre alt. Die Studie bestätigte auch, dass es bei Eizellspenden-Schwangerschaften erhöhte Risiken der Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit und geplanter oder notfallmäßiger Kaiserschnitte gab.(6)

ROPA-Verfahren

Den Kinderwunsch können sich lesbische Eltern unter anderem durch das ROPA-Verfahren erfüllen. Es handelt sich um eine Reproduktionsmethode, bei der ein gemeinsames Kind zweier Frauen durch die Rollenaufteilung in genetische und austragende Mutter entsteht. Einer Partnerin wird eine Eizelle entnommen und oftmals mit Spendersamen befruchtet. Dieser Embryo wird in die Gebärmutter der anderen Partnerin eingesetzt, die dann das Kind austrägt. In Deutschland ist dieses Verfahren aktuell verboten.(7) TERRE DES FEMMES befürwortet die ROPA-Methode, da hierbei keine Eizelle einer dritten Person in Anspruch genommen wird.

Warum der Begriff altruistische Eizellspende irreführend ist

Wenn eine Frau aus finanzieller Not heraus ihre Eizellen an Dritte abgibt, kann oftmals nicht von einer freiwilligen, altruistischen Spende geredet werden. Vulnerable Gruppen sind bei dieser Methode gefährdet, ausgebeutet zu werden. Neben finanziellen Zwängen kann auch der soziale Druck von Personen aus dem näheren Umfeld der Frauen dafür sorgen, dass sich eine Frau dazu genötigt sieht einen Eingriff vorzunehmen. Der Begriff Eizellspende suggeriert die freie Entscheidung der Frau, die aber nicht immer gewährleistet werden kann.(8)

Bei der Eizellabgabe sind stets verschiedene AkteurInnen eingebunden, die kapitalistische Interessen vertreten. Neben den Kinderwunschkliniken gibt es beispielsweise Agenturen, die zwischen den Wunscheltern und den Eizellgeberinnen vermitteln.(9)

Oft besteht die Hoffnung, dass durch die Legalisierung der Eizellabgabe in Deutschland weniger Menschen auf das Angebot im Ausland zurückgreifen und so die prekäre Situation für Eizellgeberinnen im Ausland verbessert werden kann. Doch bei einer Legalisierung in Deutschland würde man sehr wahrscheinlich nicht genügend Frauen finden, die bereit sind, ihre Eizellen abzugeben. Die Problematik der geringen Bereitschaft der Eizellabgabe ohne finanzielle Gegenleistung und der zugleich steigenden Nachfrage löst sich also nicht durch eine Legalisierung. Des weiteren präferieren die Wunscheltern oftmals die weniger restriktiven Rahmenbedingungen im Ausland, wie beispielsweise geringere Kosten der Behandlungen, geringere Altersbeschränkungen für die austragende Person oder die Anonymität der Eizellgeberin.(10)

Kein Recht auf ein Kind

Außerdem muss beachtetet werden, dass es für Kinder, die aus Eizellabgaben entstanden sind, eine psychische Belastung darstellen kann, in Unwissen über ihre Herkunft zu leben. Identitätsunsicherheiten werden den Kindern mitunter auferlegt, um den eigenen Kinderwunsch zu erfüllen.(11)

Es gibt kein Recht auf ein Kind. Das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung ist ein Abwehrrecht, also ein Schutzrecht vor Eingreifen des Staates und Fremdbestimmung. Das heißt es gibt kein Recht auf die Erfüllung eines (Kinder)Wunschs durch Inanspruchnahme der Körper anderer.(12)

Reproduktionstechnologien - eine neue Herausforderung

Die Reproduktionsmedizin birgt viele neue Chancen, aber auch Risiken. Nach wie vor bleiben viele Fragen unbeantwortet. Was steckt hinter dem Wunsch nach einem genetisch verwandten Kind? Inwieweit können Familienmodelle, wie die Co-Elternschaft, Adoption oder Pflegschaft Alternativen zur Erfüllung dieses Wunsches darstellen? Das alles sind Fragen, die mit der Entwicklung und Etablierung neuer Reproduktionstechnologien einhergehen.

Dabei ist es wichtig, die feministischen Perspektiven nicht aus den Augen zu lassen – und hinter dem Kinderwunsch ein Blick auf alle Beteiligten in diesem kapitalistischen Modell zu werfen. Um die Fragen nach der Legitimität moderner Reproduktionstechniken wie der Eizellabgabe beantworten zu können, braucht es stets einen gesellschaftlichen Diskurs – der das Wohl des Kindes und der Frauen in den Vordergrund stellt.

Position TDF zur Eizellabgabe

TERRE DES FEMMES spricht sich gegen eine Legalisierung der Eizellabgabe in Deutschland aus.

Durch die Eizellabgabe wird anderen Personen das Recht zugesprochen auf den weiblichen Körper zuzugreifen. Es kann kein Recht auf ein Kind geben, dass auf Ausnutzung der Körper anderer Frauen basiert.

Das Positionspapier und die Forderungen von TERRE DES FEMMES finden Sie >>hier<<.

 


(1) Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit (2022). Online unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/schwangerschaft-und-kinderwunsch/ungewollte-kinderlosigkeit

(2) Ulrich, Charlotte (2022): Kinderwunschbehandlung. In: Handbuch feministische Perspektiven auf Elternschaft. Berlin: Verlag Barbara Budrich. Hrsg. Lisa Yashodhara Haller & Alicia Schlender, S.279f.

(3) Braun, Anja, Boucheligua, Leila et al. (2022): Zahl der Kinderwunschbehandlungen steigt. Online unter: https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/kinderwunsch-spermien-zahl-101.html

(4) Aktion leben Österreich: Eizellspende. Online unter: https://www.aktionleben.at/site/informierenbilden/bioethik/themenpositionen/eizellspendeundsamenspend

(5) Lenzen-Schulte, Martina (2021): Reproduktionsmedizin: Gefahren der Eizellspende für Mütter und Kinder. Online unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/221572/Reproduktionsmedizin-Gefahren-der-Eizellspende-fuer-Muetter-und-Kinder

(6) Altmann, Kummer, Herse et al. (2022): Lifting the veil of secrecy: maternal and neonatal outcome of oocyte donation pregnancies in Germany. In: Archives of Gynecology and Obstetrics 306, S.59ff. Online unter: https://doi.org/10.1007/s00404-021-06264-8

(7) Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare (ROPA-Methode) (2022): Online unter: https://www.kinderwunsch-im-ausland.de/ivf-kliniken-ausland/doppelte-mutterschaft-fuer-lesbische-paare/

(8) 13 Fragen: Müssen wir die Eizellenspende legalisieren? 13.07.2022 Online unter: https://www.zdf.de/kultur/13-fragen/eizellenspende-13f-100.html

(9) Die Ökonomisierung der spanischen ,,Eizellspende“. In: Das Reproduktionseldorado Spanien. Artikelreihe Teil 1. Online unter: https://gen-ethisches-netzwerk.de/reprotechnologien/258/das-reproduktionseldorado-spanien

(10) Deutscher Bundestag (2018): Eizellspende, Embryospende und Leihmutterschaft: Online unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/569260/59eb11f823277ee42b295d14967bdb6a/WD-3-174-18-pdf-data.pdf

(11) 13 Fragen: Müssen wir die Eizellenspende legalisieren? 13.07.2022 Online unter: https://www.zdf.de/kultur/13-fragen/eizellenspende-13f-100.html

(12) Mandry, Christof (2018): Gibt es das Recht auf ein Kind? Ludwigshafener Ethische Rundschau Nr.1. Online unter: https://www.uni-frankfurt.de/84852166.pdf

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