Themenbereich Verhütung

Verhütung und Gleichberechtigung: Warum wir umdenken müssen

Die Vorstellung, dass Verhütung allein in den Verantwortungsbereich von Frauen fällt, ist überholt – und dennoch übernehmen nach wie vor überwiegend Frauen diese Aufgabe. Die ungleiche Verhütungsverantwortung ist nicht nur ungerecht, sondern verstärkt auch die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Alltag. Verhütung betrifft alle Geschlechter gleichermaßen und sollte daher auch als gemeinsame Verantwortung wahrgenommen werden.

1961 kommt die Pille für die Frau auf den Markt. Für viele Frauen bedeutet das: endlich mehr sexuelle Freiheit und vor allem mehr sexuelle Selbstbestimmung. Gleichzeitig berichten einige Frauen bei Einnahme der Pille auch von Nebenwirkungen, wie etwa Migräne, Antriebslosigkeit oder Libidoverlust. Mit der Zeit werden auch alternative Verhütungsmethoden immer beliebter. Mittlerweile gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten – vom Diaphragma bis zur Kupferkette.

Die Benutzung der Hormonpille ist in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. 2024 ist die Pille laut einer repräsentativen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nur noch das zweitbeliebteste Verhütungsmittel unter jungen sexuell aktiven Menschen in Deutschland. Sie wird von 46% der Befragten verwendet. Das beliebteste Verhütungsmittel ist mit 67% das Kondom. Beide Verhütungsmethoden werden laut Studie auch kombiniert angewendet, um vor allem die Sicherheit vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu verringern. Insgesamt gaben fast zwei Drittel an, durch hormonelle Verhütung „negative Auswirkungen auf Körper und Seele“ zu befürchten.(1) Laut dem European Contraception Atlas 2024 ist die Pille europaweit jedoch das meistgenutzte Verhütungsmittel.

Abb. 1

Verhütung für den Mann

Die zwei üblichen Verhütungsmethoden für den Mann sind immer noch das Kondom und die Vasektomie. An alternativen Verhütungsmethoden für den Mann wird bislang ohne einschlägigen Erfolg geforscht. Um neue Verhütungsmethoden auf den Markt bringen zu können, bedarf es vor allem kostenintensiver klinischer Studien. Dafür fehlt es jedoch an Geld, Forschungsbereitschaft und politischem Interesse.

Handlungsbedarf

Während große Konzerne von unserer Verhütung profitieren, stellt die Finanzierung von Verhütungsmethoden für einige Menschen eine große Herausforderung dar. Die Studie „Frauen Leben 3“ weist nach, dass Menschen in prekären Situationen auf Verhütung verzichten. Von denen, die aktuell nicht verhüten und Sozialleistungen beziehen, würden 66,2 Prozent beginnen zu verhüten, wenn Verhütung kostenfrei wäre.(2)  Bislang bleibt die Kostenübernahme beim Thema Verhütung zudem häufig an der Frau hängen. Frauen werden dementsprechend diskriminiert, da sie durch Verhütung mehr Nachteile erfahren, als Männer, obwohl sie gleichermaßen betroffen sind. Die Krankenkasse übernimmt nur bis zum 22. Lebensjahr die Kosten für Verhütung. Ein langfristiger Schutz vor ungewollten Schwangerschaften kann so nicht gewährleistet werden. Vielmehr hängt er ab dem 22. Lebensjahr von der jeweiligen finanziellen Situation der Frau ab.

Abb. 2

Die WHO veröffentlicht 2024 einen Bericht, in dem sie hohe Raten an ungeschützten Geschlechtsverkehr unter Jugendlichen in ganz Europa verzeichnet. Eine von der WHO von 2014 bis 2022 durchgeführte Studie zeigt auf, dass der Kondomgebrauch von  Jugendlichen im schulpflichtigen Alter stark zurückgegangen ist. Das könne, laut WHO, weitreichende Folgen für junge Menschen haben. So etwa „ungewollte Schwangerschaften, unsichere Abtreibungen und ein erhöhtes Infektionsrisiko in Bezug auf Geschlechtskrankheiten“. Handlungsbedarf sieht die WHO vor allem in einer umfassenden sexuellen Aufklärung sowie im Zugang zu Verhütungsmitteln.(3)

TERRE DES FEMMES setzt sich für eine kostenlose, gleichberechtigte und sichere Verhütung ein. Verhütung muss, für die Frau, als auch für den Mann, verbessert werden. Damit grundlegende Menschenrechte, wie die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung gewährleistet sind, bedarf es einer weitegehenden Debatte darüber, wie Menschen verhüten und vor allem, wie sie dabei unterstützt werden – durch flächendeckende sexuelle Aufklärung, Forschung und finanzielle Unterstützung. Zur Verwirklichung von sexuellen und reproduktiven Rechten ist der Zugang zu effektiven Verhütungsmethoden entscheidend.

 

 

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(1) https://www.bioeg.de/aktuelles/2024-11-21-neun-von-zehn-jungen-menschen-in-deutschland-verhueten-zwei-drittel-nutzen-kondome/ (abgerufen am 19.02.25)

(2) www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Freiwilligendienste/doc/OEFFENTLICH/Familie_und_Frauen/Sexuelle_und_reproduktive_Rechte/paritaet_dokumentation_fg-verhuetung-2019.pdf

(3) https://www.who.int/europe/de/news/item/29-08-2024-alarming-decline-in-adolescent-condom-use--increased-risk-of-sexually-transmitted-infections-and-unintended-pregnancies--reveals-new-who-report (abgerufen am 19.02.25)

Abbildung 1: Quelle: Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit: https://www.bioeg.de/fileadmin/user_upload/Infoblatt_Studie_Verh%C3%BCtungsverhalten_2024-20241115_FINAL.pdf(Seite 1, abgerufen a, 19.02.25)

Abbildung 2: Quelle: Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit: https://www.bioeg.de/fileadmin/user_upload/Infoblatt_Studie_Verh%C3%BCtungsverhalten_2024-20241115_FINAL.pdf(Seite 2, abgerufen a, 19.02.25)

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