Weg in ein selbstbestimmtes Leben: mit der Starthilfe zur gefragten Schneiderin

Überlebende (36 Jahre) bei ihrer Arbeit als Schneiderin ©BHUMIKA Women’s Collective

Seit 2016 unterstützt TDF die Frauenrechtsorganisation BHUMIKA Women’s Collective in Indien. BHUMIKA berät gewaltbetroffene Frauen rechtlich und psychologisch, schult Polizei und Justiz zum Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt, sensibilisiert an Schulen und in Dörfern und wirkt mit Lobbyarbeit auf notwendige Reformen und eine konsequente Bestrafung von Gewalt hin.

Interview mit einer Überlebenden

TDF führte ein Interview mit einer 36-jährigen Schneiderin, die durch eine Starthilfe und BHUMIKAs Unterstützung in ihrer Selbstständigkeit gestärkt wurde.

 

TDF: Wie war Ihre persönliche Situation, als Sie zu BHUMIKA kamen, und wie haben Sie von den Unterstützungsangeboten erfahren? 

Mein Mann war alkoholabhängig und übernahm nie Verantwortung für unsere Kinder oder die Familie. Vor drei Jahren verließ er uns und zog nach Maharashtra. Seitdem ist der Kontakt zu ihm abgebrochen. Ich lebe allein mit meinen beiden Söhnen in einem kleinen gemieteten Haus und tue mein Bestes, um sie allein zu erziehen.

Um meine Familie zu unterstützen, begann ich als Hausangestellte zu arbeiten. Mit der Zeit begann ich, Tiffins (Mittagssnacks) zuzubereiten und am Straßenrand zu verkaufen. Dieses kleine Einkommen half mir, meine Kinder zu erziehen und unseren täglichen Bedarf zu decken. Eines Tages informierte mich ein Nachbar über das BHUMIKA Support Centre und erwähnte, dass es Frauen hilft, die häusliche Gewalt erfahren haben und verlassen wurden. Dadurch ermutigt, beschloss ich, mich an das Zentrum zu wenden.

Bei BHUMIKA erzählte ich meine Geschichte und bat um Hilfe, um meinen Mann ausfindig zu machen und ihn zu einem Beratungsgespräch anzurufen. Da er jedoch kein Telefon hatte und seit Jahren verschwunden war, konnte er nicht ausfindig gemacht werden. Ich erstattete Anzeige bei der örtlichen Polizeistation und bat um Unterstützung. Die Beraterin von BHUMIKA bot mir emotionale Unterstützung, half mir, mich selbst weiterzuentwickeln, und klärte mich über meine Rechte und die einschlägigen Gesetze auf. Leider erhielt ich von meinen Schwiegereltern keine Unterstützung. Mit der Hilfe meiner Schwester lieh ich mir allerdings von einer Verwandten eine Nähmaschine und begann, zu Hause Kleidung zu nähen. 

Während dieser Zeit rief mich die BHUMIKA-Beraterin regelmäßig an, machte mir Mut und erinnerte mich daran, dass ich nicht allein sei. Ich erzählte von meiner Situation und bat um finanzielle Unterstützung, um mich als Schneiderin selbstständig zu machen. 

TDF: Was hat sich in Ihrem Leben nach den Beratungsgesprächen und dem Erhalt der Starthilfe verändert?

Schon bald erhielt ich über das BHUMIKA Support Centre eine Nähmaschine, die mir neues Selbstvertrauen gab, um mein Leben unabhängig zu gestalten. Ich begann, Schneidereibestellungen von Geschäften in der Nähe und von NachbarInnen anzunehmen. Schritt für Schritt erweiterte ich meine Angebotspalette und investierte sogar in eine Overlock-Maschine, um eine noch bessere Qualität anbieten zu können.

Jetzt arbeite ich von 7 bis 15 Uhr in einem Geschäft und widme den Rest des Tages der Schneiderei. Meine Kinder sind gut in der Schule und helfen mir, wann immer sie können. Dieser doppelte Lebensunterhalt ist für unsere Familie die Grundlage für ein finanziell stabiles Leben.

Das Wichtigste aber ist, dass ich gelernt habe, mein Leben nach meinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ich zögere nicht mehr, über Frauenthemen zu sprechen. Ich informiere andere Frauen aktiv über das BHUMIKA Support Centre und ermutige sie, Unterstützung zu suchen, Selbstvertrauen zu gewinnen und Möglichkeiten zu nutzen, die ihnen helfen, in Würde und Unabhängigkeit zu leben - so wie ich es getan habe.

*Interviewtext übersetzt aus dem Englischen von TDF.

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