• 16.09.2025

Jin Jiyan Azadî!
Das Unrechtsregime Islamische Republik Iran

- Zahlen, Daten, Fakten –

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Der 16. September 2025 markiert den dritten Todestag von Jina Mahsa Amini. 2022 verstarb die 22-jährige Kurdin, nachdem sie von der iranischen Sittenpolizei festgenommen und in Haft misshandelt wurde. Der staatliche Verhüllungszwang forderte ein weiteres Todesopfer. Jinas Tod löste im Iran die FRAU LEBEN FREIHEIT Bewegung aus und weltweit solidarisierten sich viele mit der feministischen Bewegung.

Der 12-Tage Krieg zwischen Israel und dem Iran im Juni 2025 hat hunderte von Todesopfer gefordert und für afghanische StaatsbürgerInnen, die im Iran leben, sowie Oppositionelle schwerwiegende Konsequenzen. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen, Festnahmen und Abschiebungen von AfghanInnen seitens der iranischen Regierung. Sie werden der Spionage für Israel verdächtigt. AfghanInnen sind in der Islamischen Republik Iran strukturell diskriminiert und entrechtet. Sie leben allerdings wegen den jahrzehntelangen Kriegen in Afghanistan teilweise bereits ihr ganzes Leben im Iran. Da auch Pakistan Tausende von AfghanInnen abschiebt, ist die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage im Taliban-Staat noch schlimmer. Insgesamt sind seit Januar 2025 rund 1,9 Millionen AfghanInnen aus dem Iran und Pakistan abgeschoben wurden. Seit Mitte Juni 2025 soll der Iran mehr als 20.000 Personen aus der Opposition festgenommen haben, zum Teil gibt es die ersten drakonischen Verurteilungen.

Im Iran, vor allem in der 8 Millionen Stadt Teheran, herrscht eine Wasserknappheit. Seit Jahren leidet das Land nicht nur aufgrund der Klimakrise, sondern auch durch Korruption und ineffizientes Management. Umso stärker die Mullahs innen- wie außenpolitisch unter Druck stehen, umso repressiver gehen sie gegen die eigene Bevölkerung und MigrantInnen im Land vor. Bildung wird zum Luxus und die Mullahs versuchen gezielt höhere Bildung nur für loyale AnhängerInnen zugänglich zu machen sowie in Schulen durch gesetzliche Änderungen verstärkt mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten, um Schülerinnen ohne Kopftuch zu registrieren. Die Repression verdichtet sich an vielen Stellen und die Hinrichtungswelle politischer Gefangener ist ungebrochen.

In Deutschland sind Exil-IranerInnen und Geflüchtete nicht sicher vor den langen Armen des Regimes. Obgleich schon ein kritischer Social Media-Post gegen das Regime, ein religionskritischer Beitrag oder ein Verstoß gegen die Genderapartheid-Regeln im Iran für eine drakonische Verurteilung ausreicht, findet dies wenig Beachtung im deutschen Asylverfahren und die Gesamtschutzquote sinkt. Die Gesamtschutzquote ist die Quote der positiv beschiedenen Asylanträge. Sie liegt für Januar bis Mai 2025 bei 21,9%. Im Abschnitt Exil-IranerInnen auch in Deutschland bedroht folgen ausführlichere Informationen.

Inhaftierungen, Verletzte und Getötete seit September 2022

  • Die drei bekannten Aktivistinnen Sharifeh Mohammadi, Verisheh Moradi, and Pakhshan Azizi werden in Schauprozessen zum Tode verurteilt. Das Urteil von Azizi ist final rechtskräftig und sie kann daher jederzeit hingerichtet werden
  • Immer wieder werden protestierende Studentinnen verurteilt wie z.B. Tina Deljou und Motahareh Goonei in Teheran, die bereits wegen den Protesten 2022 im Gefängnis war und vom Studium ausgeschlossen wurden
  • Laut der Menschenrechtsorgansiation Hengaw wurden allein im Juli 2025 17 Frauenrechtsaktivistinnen festgenommen, was 11,5% aller Verhaftungen im Juli 2025 entspricht
  • Aufgrund gesundheitlicher Probleme befindet sich Narges Mohammadi, Friedensnobelpreisträgerin im sogenannten Hafturlaub. Sie durfte das Evin-Gefängnis verlassen, damit endet allerdings nicht die ständige Gefahr für sie und ihre UnterstützerInnen. Die Bedrohungen sollen aus dem Umfeld des iranischen Geheimdienstes MOI (Ministry of Intelligence) kommen
  • Die prekäre Situation afghanischer Geflüchteter hat sich nach dem 12-Tage Krieg mit Israel noch verschärft. So wurden in der ersten Jahreshälfte 700.000 AfghanInnen deportiert. Nach dem 12-Tage Krieg wurden in der ersten Woche allein 130.000 abgeschoben. Im Iran gibt es Berichte von Massenausschreitungen, Brandanschlägen und gewalttätigen Übergriffen an AfghanInnen
  • Ein kritischer Social Media-Post brachte Pezhman Yousefi aus der Provinz Khuzestan für 8 Jahre ins Gefängnis. Er klagte die weit verbreite Armut und Arbeitslosigkeit sowie die Hinrichtungen an. Seit Juni 2025 sind über 80 Personen in Khuzestan verhaftet wurden

Hinrichtungswelle im Iran

  • Bislang sind 2025 rund 840 Personen im Iran hingerichtet worden. Darunter 46 afghanische StaatsbürgerInnen
  • Maliheh Haghi wurde mit 34 Jahren Ende August 2025 im Tabriz Gefägnis hingerichtet. Sie ist mutmaßlich die 30. Frau, deren Todesurteil in diesem Jahr vollstreckt wurde. Seit 2007 wurden rund 300 Frauen hingerichtet, viele davon haben sich in Selbstverteidigung gegen gewalttätige Ehemänner zur Wehr gesetzt und waren Betroffene von häuslicher Gewalt, einige wurden bereits minderjährig verheiratet
  • Aktuell stehen 11 Personen unmittelbar vor ihrer Hinrichtung, fünf davon, weil sie sich bei den FRAU LEBEN FREIHEIT Protesten 2022 beteiligt haben sollen. Anfang September wurde Mehran Bahramian hingerichtet, er wurde 2022 bei den Protesten festgenommen
  • Nicht erst seit 2022 benutzt das islamistische Regime vage Rechtsbestimmungen wie Moharebeh (“Kriegsführung gegen Gott und seinen Propheten"), Fesad fel Arz („Korruption auf Erden“), and Baghi (“Rebellion Gegen einen islamischen Führer”), um Protestierende zum Schweigen zu bringen. Diese Begriffe sind im islamischen Recht verankert und werden für politische Zwecke genutzt

Das Bildungssystem als Repression

  • Soziale Ungerechtigkeit hat im Mullah-Regime Tradition. Schulkinder, deren Familien nicht die gestiegenen „Gebühren“ an korrupte Schulleitungen zahlen können, dürfen im neuen Schuljahr nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Da ein Großteil der Bevölkerung massiv unter der Rezession leidet, verstärkt sich die Bildungsungleichheit immer weiter. Immer mehr Familien können das „Schulgeld“ nicht aufbringen
  • Das Bildungsministerium und die Polizeibehörde haben im April 2025 eine Absichtserklärung unterzeichnet, die eine noch stärkere Kontrolle über Lehrkräfte und Schülerschaft vorsieht. Ahmad-Reza Radan, Chef der Polizeibehörde, ist wegen schwerer Menschenrechtsverbrechen u.a. auf der EU-Sanktionsliste
  • Im August 2025 sind mehrere Lehrkräfte in Kurdistan entlassen wurden, weil sie sich auch gegen den staatlichen Verhüllungszwang eingesetzt haben

Geschlechterapartheid

  • Seit den 1990er Jahren haben afghanische FrauenrechtlerInnen auf die systematische und strukturelle Entrechtung von Mädchen und Frauen aufmerksam gemacht. Genderapartheid ist nach wie vor nicht im Internationalen Recht verankert. Dennoch gibt es Fortschritte, beispielsweise wird afghanischen Frauen die Flüchtlingseigenschaft und damit besserer Schutz in der EU zugeschrieben. Sie sind in ihrem Heimatland systematisch entrechtet und diskriminiert. In Asylverfahren bei IranerInnen werden geschlechtsspezifische Fluchtgründe bislang zu wenig anerkannt
  • Im Iran tragen Mädchen bereits ab 7 Jahren zum Beginn der Grundschule ein „Kinderkopftuch“, ab neun sind sie dazu rechtlich verpflichtet, da sie bereits ab diesem Alter als rechtsmündig gelten. Sie können ab 13 Jahren heiraten oder mit väterlicher (die Mutter hat kein Mitspracherecht) oder gerichtlicher Erlaubnis ab 9 Jahren. Hierbei handelt es sich um sogenannte Kinderehen, welche für die Mädchen oftmals lebenslange psychische und physische Folgen haben. Die Kinderehe reproduziert auf extreme Weise die Ungleichheit von Frau und Mann. Sie dient dazu patriarchale Strukturen, die religiös im Sinne der Scharia (islamische Rechtslehre) legitimiert werden, zu verankern
  • Iranische Kleriker und AnhängerInnen versuchen auch in Deutschland das „Kinderkopftuch“ zu normalisieren und als „religiöse Pflicht“ darzustellen. Beispielsweise der ehemalige und inzwischen ausgewiesene Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH), Prof. Dr. Mofatteh. Er postuliert in einem Beitrag der Internationalen Koran Nachrichtenagentur (IQNA), dass für Schiiten ab neun Jahren die „religiöse Reife“, mit der auch die Kopftuchpflicht einhergeht, erreicht sei.

Exil-IranerInnen auch in Deutschland bedroht

  • Im Iran werden AktivistInnen der FRAU LEBEN FREIHEIT Bewegung verfolgt, inhaftiert und teilweise zu langen Haftstrafen bis hin zu Todesurteilen verurteilt. Die Bewegung fordert ein säkulares und feministisches System, damit stehen sie diametral zum islamistischen Regime. Im Iran können Todesurteile für „Verbrechen“ ausgesprochen werden, die gegen die Menschenwürde sind. Beispielsweise für Sex außerhalb der Ehe, für Apostasie (Abfall vom Glauben) und gegen Blasphemie. Das islamistische Regime vollstreckt diese Todesurteile auch
  • Insbesondere für vergewaltigte Frauen ist es kaum möglich, ihre Vergewaltigung anzuzeigen. Sie laufen Gefahr, selbst für Ehebruch oder unmoralisches Vergehen bestraft zu werden. Für eine Verurteilung werden zudem vier männliche Zeugen benötigt, Vergewaltigung in der Ehe ist kein Straftatbestand. Daher können sie oftmals nicht ihre erlittenen Frauenrechtsverletzungen im deutschen Asylverfahren „belegen“
  • Laut offiziellen Staatsangaben leben rund 99,6% Muslime im Iran, vergleicht man dies mit den Zahlen des Bundesamtes für Flüchtlingsfragen (BAMF), so geben 36,8% der IranerInnen im Asylverfahren an konfessionsfrei zu sein. Konfessionsfrei zu sein, bedeutet Apostasie zu begehen und kann mit einer staatlichen Hinrichtung enden, falls eine Abschiebung in den Iran erfolgt. Einen offiziellen Abschiebestopp in den Iran gibt es nicht, er lief 31.12.2023 aus. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 14 Personen abgeschoben, 2025 bislang fünf Personen
  • Laut Verfassungsschutzbericht 2024 bleibt der Iran einer der 4 Hauptakteure (mit Russland, China und der Türkei), der gegen Deutschland gerichtete Spionage, nachrichtendienstliche Cyberangriffe, unzulässige Einflussnahme und Proliferationsbemühungen ausübt
  • Die Einschüchterung, Entführung und Tötung von Regime-GegenerInnen gilt als Staatsterrorismus. Ende August 2025 äußert sich OHCHR besorgt um die Sicherheit von exil-iranischen JournalistInnen in Deutschland, die selbst oder deren Familien im Iran massiv bedroht werden. Die Familienmitglieder werden überwacht, zum Verhör vorgeladen und teilweise sogar mit Verhaftung und Tötung bedroht

Terroristische Verstrickungen und Sanktionen gegen den Iran

  • Vor Ablauf der 10-Jahresfrist haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien Ende August 2025 den sogenannten Snapback ausgerufen. "Snapback" bedeutet, dass der Iran wieder mit den weitreichenden Sanktionen belegt wird, die vor dem Wiener Atomdeal 2015 galten. Dies hätte ökonomische und isolierende Nachteile für das iranische Regime, welches immer wieder gegen die Urananreicherung verstieß
  • Die geschwächte palästinische Hamas, die jemenitischen Huthi-Rebellen sowie die libanesische Hizbollah und der bereits nach Russland geflohene syrischer Herrscher Assad zeigen, wie verwundbar die vom Iran unterstützten Terrororganisationen aktuell sind. Damit steht auch der Iran schwächer und isolierter dar, weil die „Achse des Widerstands“ bröckelt. Zudem zeigte die israelische Lufthoheit im 12-Tage Krieg, dass die russischen Luftabwehrsysteme großflächig versagten und eine militärische Allianz mit Russland die Probleme nicht lösen wird

Unsere Aufzählungen sind nicht abschließend und wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die unausgeschöpften Sanktionsmöglichkeiten, das Atomabkommen, den iranischen Vorsitz für das Sozialforum des UN-Menschenrechtsrats seit November 2023, die iranische Unterstützung für Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine, haben wir hier beispielsweise nicht weiter thematisiert. Diese Beispiele zeigen allerdings, dass Debatten im Bundestag allein nicht ausreichen werden, um das Unrechtsregime Iran und seine frauen- und menschenverachtenden Methoden zu stoppen. Diplomatie allein reicht nicht. Es braucht viel stärkere Sanktionsmechanismen, die die iranische Machtelite treffen und nicht die Bevölkerung. In Deutschland müssen Exil-IranerInnen und Geflüchtete vor dem Staatsterrorismus geschützt werden.

Sie selbst können auch aktiv werden: Folgen Sie auf Social-Media-Kanälen bekannten FrauenrechtsaktivistInnen und tragen Sie mit Likes zu einer höheren medialen Aufmerksamkeit bei, beteiligen Sie sich bei Petitionen, gehen Sie auf Kundgebungen, aber beachten Sie bitte die Reisehinweise des Auswärtigen Amts, wenn Sie planen, in den Iran zu reisen.

Stand: September 2025

 

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