Jin Jiyan Azadî!
Das Unrechtsregime Islamische Republik Iran – Zahlen, Daten, Fakten.

Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2025 aktualisieren wir unser Factsheet zum Iran
Die Freilassung von Nahid Taghavi aus dem Teheraner Evin-Gefängnis ist endlich Anfang Januar 2025 erfolgt. Sie konnte nach Deutschland zurückkehren. Seit ihrer willkürlichen und unrechtmäßigen Inhaftierung im Oktober 2020 hat sich TERRE DES FEMMES für ihre Freilassung eingesetzt. Der in den Iran verschleppte Deutsche Jamshid Sharmahd wurde hingegen am 28.10.2024 hingerichtet.
Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2025 aktualisieren wir unser Factsheet zum Iran. Die FRAU LEBEN FREIHEIT Bewegung ist immer weniger medial präsent, obgleich die todesmutigen Protestierenden im Iran täglich sichtbar und im Verborgenen Widerstand leisten. Im Juli 2025 setzte sich Massud Peseschkian in der Stichwahl zum Präsidenten durch. Er wird als moderat konservativ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist irreführend. Die Hinrichtungswelle unter ihm setzt sich ungehemmt fort. Seine Lippenbekenntnisse, Mädchen und Frauen, die sich dem staatlichen Verhüllungszwang widersetzen, weniger hart zu bestrafen, sollen nicht über die anhaltende brutale Gewalt im Land hinwegtäuschen. Mina Ahadi, Gründerin und Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime und TDF-Mitfrau, hat als jungen Studentin bereits kurz nach der Machtergreifung eine lebensbedrohliche Erfahrung mit seinem Gefolgsleuten erleben müssen. Ahadi studierte wie Peseschkian 1979 Medizin. Dieser war einige Semester über ihr und Initiator eine Gruppe, die Studentinnen ohne Kopftuch auf dem Campusgelände ergriffen und sie anwiesen ein Kopftuch zu tragen. Einer seiner Gefolgsleute bedrohte Mina Ahadi sogar mit einer Pistole, weil sie kein Kopftuch trug.
Die feministische Bewegung hat Kraft
Präsident Peseschkian ist nur eine weitere Figur im theokratischen, frauenverachteten System der Islamischen Republik Iran. Wie tiefgreifend die feministische Bewegung ist, zeigt sich, dass mittlerweile die Mullahs mit einer eigenen Parole „Volk Islam Führer“ werben, statt dem FRAU LEBEN FREIHEIT- Slogan des Widerstands. Am Obersten Gerichtshof in Teheran sind 18. Januar 2025 zwei ranghohe Richter erschossen wurden. Die Richter Rasini und Moghiseh wurden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Rasini soll bereits 1988 eine Rolle bei den systematischen Todesurteilen von tausenden Oppositionellen gespielt haben. Der Attentäter erschoss sich bei der Flucht selbst, sein Motiv ist bislang unbekannt.
Inhaftierungen, Verletzte und Getötete seit September 2022
- Abseits der medialen Öffentlichkeit gehen die Proteste der FRAU LEBEN FREIHEIT Bewegung weiter. Mitte Februar 2025 sind mehrere junge Protestierende in der Provinzhauptstadt Dehdasht nach Protesten verschwunden. In Teheran würden zwei Teenagerinnen von der sogenannten Sittenpolizei verhaftet, weil sie ohne Kopftuch getanzt haben
- Nach wie vor sind ethnische und religiöse Minderheiten im Iran besonders von der staatlichen Willkür und Unterdrückung bedroht. 10 AktivistInnen aus der aserbaidschanischen Minderheit wurden seit Oktober 2024 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Den kurdischen Aktivistinnen Pakhshan Azizi und Warisha Moradi droht die Hinrichtung. Azizis Todesurteil wurde im Januar 2025 vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Ihr „Verbrechen“ sie hatte vertriebenen Frauen und Kindern im Nordosten Syriens geholfen
- Auch die religiöse Minderheit der Bahá’i sind intensiv der Verfolgung ausgesetzt. Als größte nationale religiöse Minderheit sind sie besonderer Entrechtung und Verfolgung ausgesetzt. Bahá'i dürften im Iran bspw. bestimmte Berufe nicht ausüben und ihre Kinder sind von der höheren Bildung ausgeschlossen. Speziell Frauen werden vom iranischen Regime verfolgt und inhaftiert, 2024 waren zwei Drittel der inhaftieren Bahá’i weiblich
- Arezoo Badri wurde im Juli 2024 von iranischen Sicherheitskräften in den Rücken geschossen, weil sie beim Autofahren kein Kopftuch trug. Sie ist seitdem querschnittsgelähmt. Im Januar 2025 wurde ihre Behandlung vorzeitig im Krankenhaus beendet, obgleich vorgesehen war, dass sie noch zwei weitere Monate medizinische Betreuung bedarf. Als sich ihr Bruder Benham dafür einsetzte, dass ihre Behandlung fortgesetzt wird, wurde er vom Geheimdienst festgenommen und in Haft gefoltert
- Narges Mohammadi, Friedensnobelpreisträgerin, wurde im Dezember 2024 aus medizinischen Gründen vorübergehend aus der Haft entlassen. Sie wurde bei friedlichen Protestaktionen von Wärtern im Evin-Gefängnis geschlagen, und ging im November in den Hungerstreik, weil Mithäftlingen und ihr medizinische Hilfe verwehrt wurde. Auch dadurch hat sich ihr Gesundheitszustand vermutlich verschlechtert
- Immer wieder werden afghanische Flüchtlinge an der Grenze zum Iran von iranischen Sicherheitskräften erschossen. Mitte Oktober 2024 wurden in der Provinz Sistan 260 Flüchtlinge erschossen. Flüchtlinge aus Afghanistan werden im Iran seit vielen Jahrzehnten strukturell diskriminiert und entrechtet. Aufgrund der Verarmung der Bevölkerung und den vielen Missständen, versuchten die Mullahs afghanische Flüchtlinge zu instrumentalisieren und für die Missstände verantwortlich zu machen
Hinrichtungswelle im Iran
- Im Jahr 2024 wurden laut Angaben der Vereinten Nationen mindestens 901 Menschen im Iran hingerichtet, davon mindestens 31 Frauen. Das sind sie höchsten Zahlen in mehr als 15 Jahren. Viele der hingerichteten Frauen waren Opfer häuslicher Gewalt, Betroffene von Kinder- oder Zwangsheirat. Viele handelten wahrscheinlich in Selbstverteidigung und erlitten zuvor jahrelang häusliche und sexualisierte Gewalt. Richter, zeichnungsberechtigte RichterInnen gibt es nicht im Iran, ließen in einigen Fällen die Scheidung im Vorfeld nicht zu
- Allein seit dem 20. Januar 2025 sind bereits 55 Menschen hingerichtet wurden, davon 2 Frauen
- Am 28. Januar 2025 jährt sich zum ersten Mal die Kampagne „No to Executions Tuesdays“. Mittlerweile haben sich Insassen aus 36 Gefängnissen im ganzen Land angeschlossen, um gegen die Todesstrafen mit einem Hungerstreik zu protestieren. Initiiert haben es politische Gefangene im Ghezelhesar Gefängnis in Karaj, da an Dienstagen die TodeskandidatInnen in der Regel in Einzelhaft verlegt werden, bevor sie hingerichtet werden
Einschüchterung und Belästigung von Familien der Opfer
- Nach wie vor werden Familienangehöriger getöteter Protestierender und Hingerichteter sowie ihre AnwältInnen vom iranischen Regime selbst verhaftet, bspw. weil sie öffentlich trauern
- Bereits beschrieben wurde die Verhaftung und Folterung des Bruders von Arezoo Badri. Auch Jina Masha Aminis Familie wird immer wieder vom Regime bedroht. Ende Januar 2025 wurde Amjad Amini, der Vater, mehrmals vor Gericht vorgeladen. Ihm wird Propaganda gegen den Staat vorgeworfen, u.a. hatte er sich für die Aktivistin Pakhshan Azizi eingesetzt
Deutsche Staatsbürgerin Nahid Taghavi aus Haft entlassen
- Am 12. Januar 2025 konnte Nahid Taghavi nach über vier Jahren als politische Geisel des iranischen Terrorregimes nach Deutschland zurückkehren. Durch Isolationshaft und durch mangelnde medizinische Versorgung hatte sich ihr gesundheitlicher Zustand in Haft verschlechtert
- TERRE DES FEMMES hatte sich nach der Inhaftierung der Frauenrechtlerin im Oktober 2020 für ihre Freilassung eingesetzt und forderte zusammen mit ihrer Tochter Mariam Claren die bedingungslose Freilassung
- Laut der Aktivistin Daniela Sepehri könnte dies mit der zunehmenden internationalen Isolierung des Irans sowie dem Sturz und die Fluchts des syrischen Diktators Bashar al-Assad zusammenhängen. Dieser erhielt aus dem Iran militärische und logistische Unterstützung. Die Freilassung von Nahid Taghavi könnte als Annäherungsversuch Irans an die EU gedeutet werden
Vergiftungen in Mädchenschulen
- Obwohl rund 7.000 Schülerinnen an über 200 Schulen zwischen November 2002 und Frühsommer 2023 Vergiftungen erlitten, ist das iranische System nicht willens für Aufklärung zu sorgen. Zwischenzeitlich gab es wenig Berichte über systematische Vergiftungen an Mädchenschulen
- Vergiftungen, die vermutlich durch Kohlenmonoxidvergiftung hervorgerufen wurden, werden aus zwei unterschiedlichen Schulen im Februar 2025 berichtet. An der Parvin Etesami Girls’ High School in Shahindezh (West-Aserbaidschan Provinz) mussten 65 Schülerinnen wegen Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus. Der Vorfall ereignete sich Mitte Februar 2025. Ende Januar 2025 erlitten 80 Studentinnen der Pishva Varamin University in Teheran eine Lebensmittelvergiftung durch Dosen-Thunfisch. Unklar ist, ob es die gleichen systematischen Vergiftungen sind wie 2022/23 oder auf mangelnde Sicherheit- und Hygienestandards zurückzuführen sind. Die Vorfälle zeigen jedoch, wie desolat das iranische Regime ist und wie ungleich Ressourcen im Land verteilt sind
Geschlechterapartheid
- Im Oktober 2024 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass allen geflohenen afghanischen Frauen die Flüchtlingseigenschaft und damit besseren Schutz zugeschrieben wird, ohne dass individuelle Umstände geprüft werden müssen. Da afghanische Frauen in ihrem Herkunftsland allein aufgrund ihres Geschlechts, die mit der Menschenwürde verbundenen Grundrechte verwehrt bleiben, haben sie Anspruch auf Asyl
- Damit bleibt Genderapartheit, die systematische Entrechtung und Diskriminierung von Mädchen und Frauen, weiterhin nicht als Verbrechen kodifiziert. Dennoch zeigen sich Fortschritte. Das Europäische Parlament hat am 19. September 2024 eine Resolution verabschiedet, in der die Diskriminierung von Frauen verurteilt und klar als Genderapartheid benannt wird. Laut der Resolution haben die Taliban ihre extreme Auslegung der Scharia durchgesetzt und Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannt
- Ebenfalls im September 2024 forderte Deutschland mit weiteren verbündeten Ländern die Taliban auf sich an UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu halten, wo sie als Vertragsstaat völkerrechtlich gebunden sind
- Am 6. März 2025 veranstaltet das International Bar Association‘s Human Rights Institute im britischen Parlament in London eine Veranstaltung zum Thema „Gender Apartheid: A Crime Against Humanity“. Mit dieser Veranstaltung will das Institut das Problem der Geschlechterapartheid, besonders die im Iran und Afghanistan, hervorheben und die internationale Gemeinschaft dazu aufrufen, Geschlechterapartheid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuerkennen
- Es wird noch viele nationale und internationale Anstrengungen benötigen, damit Mädchen und Frauen aus Genderapartheid-Regimen besser geschützt werden und weltweit Frauenrechte durchgesetzt werden. In Afghanistan haben bereits zur ersten Talibanherrschaft (1990er Jahre) Frauenrechtsaktivistinnen auf Genderapartheid aufmerksam gemacht
Exil-IranerInnen auch in Deutschland bedroht
- Immer wieder gibt es in Deutschland Versuche jüdische Einrichtungen anzugreifen. Zum Beispiel sollen die Al-Kuds-Brigaden, die Spezialeinheit für Auslandsoperationen der iranischen Revolutionswächter, einen Deutsch-Iraner angeheuert haben, um einen Brandanschlag auf die neue Synagoge in Bochum und Schüsse auf das Rabbinerhaus in Essen im November 2022 zu organisieren
- Nach wie vor gibt es keinen Abschiebestopp für den Iran
Trotz der systematischen Verfolgung von AktivistInnen im Iran bekommen Schutzsuchende aus dem Iran oft kein Asyl in Deutschland. Bei insgesamt 361 Asylanträgen von iranischen Staatsangehörigen im Januar 2025 lag die Gesamtschutzquote nur bei 23,8%. Die Gesamtschutzquote von Januar bis Oktober 2024 lag nur noch bei 28,5%
Terroristische Verstrickungen des Irans
- Mit Trumps erneuter Amtszeit wird wahrscheinlich die US-amerikanische „Politik des maximalen Drucks“ auf das Regime in Teheran fortgesetzt
- MilitärexpertInnen sagen eine sich noch vertiefende Kooperation zwischen Iran und Russland voraus. Iranische Drohen werden bspw. in russischen Angriffskrieg in der Ukraine eingesetzt und in Zusammenarbeit in Russland produziert. Am 19. Februar 2025 betonte Präsident Peseschkian gegenüber Alexey Overchuk, stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation, die Bedeutung des Abkommens über eine umfassende strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern
- In Syrien unterhielt der Iran eine umfangreiche militärische Infrastruktur. Dazu gehörten Stützpunkte an strategischen Orten, Waffendepots und Fabriken zur Belieferung der Hisbollah im Libanon sowie ein Netzwerk lokaler und ausländischer Milizen. Es spielte damit eine überlebenswichtige Rolle für das Assad-Regime. Durch den Sturz des syrischen Diktators Im Dezember 2024 gelten die Mullahs als geschwächt
Unsere Aufzählungen sind nicht abschließend und wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die unausgeschöpften Sanktionsmöglichkeiten, das Atomabkommen, den iranischen Vorsitz für das Sozialforum des UN-Menschenrechtsrats, haben wir hier beispielsweise nicht weiter thematisiert. Diese Beispiele zeigen allerdings, dass Debatten im Bundestag allein nicht ausreichen werden, um das Unrechtsregime Iran und seine frauen- und menschenverachtenden Methoden zu stoppen. Diplomatie allein reicht nicht. Es braucht viel stärkere Sanktionsmechanismen, die die iranische Machtelite treffen und nicht die Bevölkerung.
Sie selbst können auch aktiv werden: Folgen Sie auf Social-Media-Kanälen bekannten FrauenrechtsaktivistInnen und tragen Sie mit Likes zu einer höheren medialen Aufmerksamkeit bei. Gehen Sie auf Kundgebungen, aber beachten Sie bitte die Reisehinweise des Auswärtigen Amts: Wer sich solidarisiert und öffentlich zur feministischen Revolution bekennt, sollte nicht in den Iran reisen.
Stand: März 2025