„Unversehrt“-Ausstellung gelauncht!
Eine virtuelle Reise zum Thema Schutz vor weiblicher Genitalverstümmelung

Am 27. Mai 2025 wurde die von TERRE DES FEMMES entwickelte Digitalausstellung „Unversehrt“ zum Thema Schutz vor weiblicher Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation – FGM) im Rahmen einer digitalen Launch-Veranstaltung zum ersten Mal öffentlich präsentiert. Das Team des Referats für Internationale Zusammenarbeit nahm die Gäste mit auf eine interaktive Tour durch die drei Schwerpunkte der Ausstellung: FGM weltweit, FGM in Sierra Leone und FGM in Deutschland. Mit dabei waren neben dem TDF-Team auch die Webdesignerin Maria Korporal sowie der Fotograf und Kameramann John Kranert, die spannende Behind-the-Scenes-Einblicke zur Entwicklung der Ausstellung gaben. An der Veranstaltung nahmen über 160 BesucherInnen teil.
230 Millionen betroffene Mädchen und Frauen weltweit
Weltweit sind 230 Millionen Frauen und Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Die Praktik kommt keineswegs nur in afrikanischen und asiatischen Ländern vor, sondern ist durch Migrationsströme auf der ganzen Welt verbreitet. TDF geht davon aus, dass über 100.000 Betroffene in Deutschland leben. Nichtsdestotrotz sind das Wissen und Bewusstsein über FGM hierzulande begrenzt, auch weil das Thema in der Schulbildung kaum aufgegriffen wird und Medien nur selten darüber berichten.
Genau darin sah TDF einen Anlass, eine möglichst breit zugängliche und niedrigschwellige Möglichkeit anzubieten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – damit war die Idee der Digitalausstellung geboren. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde sie schließlich auch in die Tat umgesetzt. Einen Tag vor dem öffentlichen Launch durften SchülerInnen des Hebel-Gymnasiums Schwetzingen in einem von TDF geführten digitalen Rundgang bereits als erste die Ausstellung erkunden. Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde deutlich, wie wenig das Thema FGM im deutschen Schulsystem berücksichtigt wird: Bei einer Live-Umfrage gab nur eine Schülerin an, während der Schulzeit bisher mit dem Thema in Berührung gekommen zu sein. Auch die Zahl der Betroffenen in Deutschland wurde von den meisten bei weitem unterschätzt. Umso erfreulicher war es, dass die SchülerInnen am Ende interessiert nach eigenen Möglichkeiten zum Engagement gegen FGM nachfragten.

Die Digitalausstellung als barrierearmes und kreatives Medium
Auch bei der öffentlichen Launchveranstaltung am 27. Mai wurde deutlich, wie wenig sichtbar das Thema weibliche Genitalverstümmelung in unserer Gesellschaft ist. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden (86%) hatte zuvor nichts oder nur ansatzweise darüber in den Medien (Zeitungen, Nachrichten) gelernt, ohne gezielt danach zu suchen. In einem Interview während der Veranstaltung hob die Webdesignerin Maria Korporal die Vorteile von Digitalausstellungen bei der Wissensvermittlung hervor. Durch das Spielerische und Interaktive, auf das bei der „Unversehrt“-Ausstellung viel Wert gelegt wurde, „bleibt mehr hängen“, sagte sie. Ein besonderes Highlight war für sie die Arbeit mit dem Bild- und Videomaterial aus Sierra Leone. Die Ausstellung geht nämlich detailliert auf die Arbeit von TDFs sierra-leonischer Partnerorganisation Amazonian Initiative Movement (AIM) und deren Ansätze im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung ein. Dazu gehört auch das von TDF finanzierte Schutzhaus, in dem über ein Dutzend Mädchen Schutz vor FGM, Zwangsverheiratung und anderen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt finden. Darüber hinaus können BesucherInnen in der multimedialen Ausstellung spannende Interviews mit ehemaligen BeschneiderInnen und MitarbeiterInnen aus dem Team von AIM anschauen und sich auf vielfältige Weise mit der Arbeit und der Kultur vor Ort vertraut machen – beispielsweise mit einem spielerischen Express-Sprachkurs in den lokalen Sprachen des Landes oder „digitalen Spaziergängen“ durch ein alternatives Übergangsritual (von AIM ausgerichtete Variante der traditionellen Übergangszeremonie vom Mädchen- zum Frausein, die FGM bewusst ausschließt) und das Berufsbildungsprogramm zur Seifenherstellung.
Für die einzigartigen Fotos und Videos des Sierra Leone gewidmeten Ausstellungsbereichs ist John Kranert verantwortlich. Der Fotograf und Kameramann arbeitet schon seit mehreren Jahren in Sierra Leone und fühlt sich mit dem Land und den Menschen eng verbunden. Gleichzeitig beschreibt er weibliche Genitalverstümmelung als ein trotz des gesellschaftlichen Tabus allgegenwärtiges Thema. Fotografie könne dabei helfen, über die Missstände und die schädlichen Folgen von FGM aufzuklären, betonte er während der Launchveranstaltung.

Jede/r kann etwas bewirken!
Ziel der Ausstellung ist es auch, Betroffenen Hilfe und Beratungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Eine interaktive Karte stellt zu diesem Zweck AnsprechpartnerInnen und Beratungsstellen in Deutschland dar. Darüber hinaus können sich auch BesucherInnen, die bisher weniger Berührung mit dem Thema hatten, zu eigenem Engagement inspirieren lassen. Der letzte Teil der Ausstellung zeigt, auf welch vielfältige Weise sich zivilgesellschaftliche AkteurInnen, darunter Community-TrainerInnen aus Diaspora-Communities sowie die TDF-Städtegruppen, Jugendbotschafterinnen und Arbeitsgruppen, in Deutschland für ein Ende von FGM einsetzen. Klar ist: Jede und jeder kann etwas unternehmen, damit sich weibliche Genitalverstümmelung nicht weiter verbreitet!
Die Rückmeldungen der Launch-TeilnehmerInnen zur Ausstellung waren sehr positiv. 92 Prozent gaben an, neues Wissen erlangt zu haben, und 83 Prozent fühlten sich zu eigenem Engagement angeregt. Auch anhand der zahlreichen Nachfragen wurde nicht nur das große Interesse an dem Thema an sich, sondern auch an Möglichkeiten zum eigenen Einsatz gegen FGM und für Frauenrechte deutlich. Viele beschrieben die Ausstellung als „inspirierend“, „abwechslungsreich“ und „großartig“.
Mit der „Unversehrt“-Ausstellung bietet TDF allen die Möglichkeit, sich über das Thema FGM zu informieren und leistet damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die frauenfeindliche Praktik. Denn je mehr Menschen über das Thema Bescheid wissen, desto besser kann Betroffenen geholfen werden!