• 14.06.2024

Die Welt schaut weg, wenn es um die Frauen in Afghanistan geht.

Projektupdate aus Afghanistan: frauenrechtliche Arbeit im Schatten der Geschlechterapartheid.

Fast drei Jahre sind vergangen, seit die Taliban erneut die Kontrolle über Afghanistan übernommen haben. Die Auswirkungen auf die Lebensrealität der afghanischen Frauen und Mädchen sind katastrophal. Im Women, Peace and Security Index (WPS), der die Sicherheit, Inklusion und Gerechtigkeit für Frauen misst, belegt Afghanistan den letzten Platz.

Vor der erneuten Machtübernahme der Taliban im August 2021 konnten sich immer mehr Frauen in Afghanistan frei bewegen, arbeiten gehen und fortbilden. Obwohl die in weiten Teilen der afghanischen Gesellschaft vorherrschenden patriarchalen Strukturen auch damals präsent blieben, hatte sich in den 20 Jahren nach der ersten frauenfeindlichen Talibanherrschaft eine mutige organisierte Zivilgesellschaft etabliert, die Stück für Stück die Gleichberechtigung vorantrieb. Dieser Errungenschaften wurden die afghanischen Frauen und Mädchen mit der Rückkehr der Taliban praktisch über Nacht beraubt.

Perspektivlosigkeit, Herabwürdigung, steigende Gewalt

Im heutigen Afghanistan wird Mädchen und Frauen Bildung nach der 6. Klasse verweigert, sie dürfen, mit Ausnahme weniger Tätigkeiten im Gesundheitswesen und an Schulen, nicht mehr arbeiten gehen, und dürfen ohne eine männliche Begleitperson aus der Familie, einen sogenannten „Mahram“, nicht einmal das Haus verlassen. Die Liste, der von den Taliban erlassenen Verbote und Einschränkungen für Frauen ist, noch deutlich länger und wächst stetig. Es muss mittlerweile von einer Geschlechter-Apartheid im Land gesprochen werden. Die Perspektivlosigkeit, Herabwürdigung und steigende Gewalt gegen Frauen spiegelt sich sogar in den Suizidraten wider: Während weltweit mehr Männer als Frauen Suizide begehen, werden 80 Prozent der Selbstmordversuche in Afghanistan von Frauen begangen, wie aus Berichten der UN hervorgeht. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch bedeutend höher.

Die Welt schaut weg

Zunächst war der internationale Aufschrei groß, doch mit der Zeit ist der mediale Fokus weitergewandert und das Leid und die prekäre Situation der afghanischen Frauen gerät für große Teile der Weltöffentlichkeit zunehmend in Vergessenheit. In Afghanistan geht der Kampf um Frauenrechte dagegen weiter: mutige Aktivistinnen nutzten zuletzt etwa den 8. März, den internationalen Frauentag, um gegen das Leid und die Diskriminierung, die sie täglich erfahren müssen, zu demonstrieren. Viele der Frauen versammelten sich dafür in geheimen, geschützten Privaträumen, um der Gewalt und brutalen Verfolgung der Taliban zu entgehen, andere gingen sogar auf die Straße. Alle Beteiligten mussten dafür ein enormes Risiko in Kauf nehmen. Es zeigt den Mut der afghanischen Frauen, ihre Unwilligkeit aufzugeben, aber auch ihre verzweifelte Lage.

Hoffnungsschimmer durch TDF-Partnerorganisation Neswan

Mit der Machtübernahme der Taliban mussten auch viele zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Arbeit aufgeben, was es umso schwieriger macht, die afghanischen BürgerInnen von außen zu unterstützen. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Trotz der großen Hürden ist das von TERRE DES FEMMES gemeinsam mit der Deutsch-Afghanischen Initiative (DAI) unterstützte Frauenbildungszentrum Neswan weiterhin aktiv. Durch psychologische Beratungsmöglichkeiten und das Abhalten von Näh- und Englischkursen setzt sich Neswan dafür ein, die Lebensqualität und Zukunftschancen der Frauen in Herat im Westen Afghanistans zu verbessern. Neben diesen direkten Angeboten hilft das Frauenbildungszentrum Neswan den Frauen auch indirekt dabei, sich mit anderen Frauen auszutauschen, aus dem Haus zu kommen und sich so von der allgegenwärtigen Unterdrückung nicht überrollen zu lassen. Das Neswan-Team arbeitet unter großem persönlichem Risiko. Nur weil es sich um ein Angebot von Frauen für Frauen handelt, werden die Aktivitäten des Zentrums bislang von den lokalen Taliban toleriert. Doch es bleibt ein Drahtseilakt, der den Mitarbeiterinnen riskante Verhandlungen und enormes Fingerspitzengefühl abverlangt.

Wir schauen hin. Gemeinsam können wir helfen!

Inmitten der verzweifelten Lage und trotz der ständigen Bedrohung durch Willkür und Verfolgung durch die Taliban bietet Neswan einen Lichtblick für hunderte ihrer Menschenrechte beraubter Frauen und Mädchen. Mit einer kleinen Spende können Sie diese so wichtige Arbeit unterstützen und so ebenfalls dazu beitragen, Mädchen und Frauen in Afghanistan zu helfen!

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