• 02.12.2024

Mein Herz gehört mir: Rückblick auf den „Internationalen Tag der Kinderrechte“

Der 20. November ist der „Internationale Tag der Kinderrechte“. TERRE DES FEMMES hat dies zum Anlass genommen, auf die vielfachen Kinderrechte aufmerksam zu machen, die durch eine Frühehe verletzt werden.

Mitmachaktionen an Schulen

Dazu wurden bundesweit Schulen, Lehrkräfte sowie SchulsozialarbeiterInnen gebeten, sich mit verschiedenen Aktionsideen   am 20. November zu beteiligen und gemeinsam mit uns ein klares Zeichen gegen Frühehen zu setzen. Leitmotiv dieser Vorschläge war das Herz und die Anregungen, im schulischen Rahmen über die möglichen Folgen von Früh- und Zwangsverheiratung ins Gespräch zu kommen und die Schülerinnen und Schüler zu ermutigen, eigene Statements zu dieser Kinderrechtsverletzung zu formulieren. Gleichzeitig wurden im Vorfeld Schulungen für PädagogInnen und die Berliner Stadtteilmütter angeboten und so auch das soziale Umfeld potenziell Betroffener oder Gefährdeter weiter sensibilisiert.

Dass das Thema Zwangsverheiratung unbedingt präventiv im schulischen Kontext behandelt werden muss, erleben wir immer wieder durch unsere Arbeit an Schulen. Auch die letzte Berliner Umfrage des Arbeitskreises Zwangsheirat ergab, dass mehr als ein Drittel der Betroffenen oder Gefährdeten minderjährig ist – die Jüngsten fanden sich in der Altersgruppe der 10-12jährigen Mädchen.[1]

Mehr als 5 Kinderrechtsverletzungen auf einmal...

Nach wie vor sind vielen Menschen die Folgen einer minderjährigen Eheschließung nicht bewusst. Dabei werden mit einer Frühehe allein folgende Kinderrechte verletzt:

Artikel 3 der Kinderrechtskonvention: Wohl des Kindes

Grund: Eine Frühehe hat vor allem für Mädchen viele negative Folgen, die ein Leben lang währen können. Frühehen zementieren patriarchale Strukturen und ein traditionelles Rollenbild, in dem Frauen dem Mann tendenziell untergeordnet sind und nicht die gleichen Rechte haben. Dies geht einher mit einer starken Kontrolle ihrer Sexualität, dem höheren Risiko minderjähriger und häufiger Schwangerschaften sowie die Gefahr einer lebenslangen finanziellen Abhängigkeit vom Ehemann – um nur einige mögliche Folgen zu nennen.

Artikel 11 der Kinderrechtskonvention: Schutz vor Entführung

Grund: Viele Zwangsverheiratungen finden im Ausland statt. Oft werden den Mädchen die Pässe und Kommunikationsmöglichkeiten genommen und sie müssen fortan bei ihren „Schwiegereltern“ leben. Eine Rückkehr nach Deutschland ist sehr schwer möglich.

Artikel 12 und 13 der Kinderrechtskonvention: Berücksichtigung des Kindeswillens und Recht auf freie Meinungsäußerung

Grund: Minderjährige, die in frühe Ehen gezwungen werden, haben oft nicht die Möglichkeit, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden. Selbst wenn sie einer PartnerInnenwahl scheinbar zustimmen, stehen sie in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern und möglicherweise unter hohem Druck des sozialen Umfelds. Ein anderer Lebensentwurf wurde zumeist weder vorgelebt noch ermöglicht. Eigene Träume und Ziele zu verfolgen, die dem traditionellen Rollenbild widersprechen, wird zumeist kein Raum gegeben.

Artikel 16 der Kinderrechtskonvention: Recht auf Privatsphäre

Grund: Minderjährige, die verheiratet werden, wachsen meist streng kontrolliert auf. Besonders Mädchen werden in ihrer freien Entfaltung stark eingeschränkt. Häufig dürfen sie nicht einmal freundschaftlichen Kontakt zu Jungen haben, weil allein dies ihrem Ruf schaden könnte.

Artikel 19 und 34 der Kinderrechtskonvention: Schutz vor Gewalt und sexuellem Missbrauch

Grund: Frauen, die minderjährig verheiratet wurden, haben ein höheres Risiko, innerhalb ihrer Ehe von häuslicher/sexualisierter Gewalt betroffen zu sein.[2]

Artikel 28 der Kinderrechtskonvention: Recht auf Bildung

Grund: 87% der verheirateten Mädchen zwischen 15 und 17 Jahre gehen nicht mehr zur Schule.[3]

Artikel 31 der Kinderrechtskonvention: Recht auf Freizeit und Spiel

Grund: Die Minderjährigen werden früh in die Rolle der Erwachsenen gedrängt. Mädchen müssen sich zumeist um Haushalt, „Ehemann“ und potenziell eigene Kinder kümmern; Jungen ihre Familie ernähren.

Ergebnisse der Mitmachaktion

Die umgesetzten Aktionen wurden gebündelt ab dem 20. November 2024 über die Social Media-Kanäle von TERRE DES FEMMES vorgestellt. Eine Auswahl der eingeschickten Eindrücke sehen Sie unten in der Bildergalerie.

TERRE DES FEMMES bedankt sich herzlich bei allen SchülerInnen, Lehrkräften und SchulsozialarbeiterInnen für die Unterstützung und die tollen Ideen!

Diese Mitmachaktion fand im Rahmen des von Aktion Mensch geförderten Projekts „Mein Herz gehört mir“ statt.

Weiterführende Links:

Hintergrundinformationen und Beratungsstellen finden Sie auf www.zwangsheirat.de

Workshops und Schulungen zu den Themen von TERRE DES FEMMES finden Sie hier

Die Kinderrechte in kindgerechter Sprache formuliert finden Sie bei UNICEF hier


[1] Vgl. Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg / Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Petra Koch-Knöbel: Evaluationsergebnisse der Umfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung zum Ausmaß von Zwangsverheiratungen in Berlin 2022, Berlin 2023. Online unter: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung.1385750.php

[2] Kidman, Rachel: “Child marriage and intimate partner violence: a comparative study of 34 countries “, in: International Journal of Epidemiology (46:2), S. 662–675, 2016.

[3] United Nations Children’s Fund: The Power of Education to End Child Marriage, UNICEF, New York 2022, S. 9.

Mitmachaktion "Internationaler Tag der Kinderrechte" - Mein Herz gehört mir

  • Stadtteilmütter Berlins
  • die 7. Klasse des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Berlin-Spandau
  • die 10. Klasse der Ernst-Reuter-Schule in Offenbach
  • Sekundarschule Wilmersdorf
  • Sekundarschule Wilmersdorf
  • Sekundarschule Wilmersdorf
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  • Sekundarschule Wilmersdorf
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